Striegel (Heraldik)

(Exlibris; Quelle: Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel: Signatur: Berlepsch Exlibris T. I, S. 12, Nr. 7)

(Titelminiatur im Stiftungsbuch des Nürnberger Sebastianspitals. Quelle: MRFH 2620)
Striegel (auch Pferdestriegel, Rossstriegel oder ähnlich genannt; veraltet: Roßsträhl, Schrape; frz.: étrille; engl: curry-comb) ist eine seltene gemeine Figur, die im Wappenwesen in mindestens zwei unterschiedlichen Ausprägungen erscheint.
Darstellung
Die heraldische Figur Striegel ist gewöhnlich einem gleichnamigen, mittelalterlichen Gerät nachempfunden, mit dem Schweiß, Staub, Dreck oder Parasiten vom Körper von Tieren, besonders der Pferde, abzukratzt oder abgerieben wurden. Als von ihrer Funktionalität beherrschte Gebrauchsgegenstände können Striegel je nach Zeitgeist und Anwendung im Detail unterschiedliche Konstruktionsformen besitzen (z. B. Kuhstriegel, Pferdestriegel, (geschraubte) Husarenstriegel), die möglicherweise auch regional bedingt sind (fränzösische, englische, sächsische Striegel). Der Striegeltyp und die genaue Form der Figur sollten in der Wappenbeschreibung gemeldet werden.
Die Figur Striegel wird gewöhnlich mit einem (hölzernen) Handgriff dargestellt. Wenn dieser zum unteren Schildrand gerichtet ist, muss dies nicht unbedingt gemeldet werden, kann aber zum Beispiels als „aufrechter Striegel“ oder ähnlich beschrieben sein. Sind die Striegel gestürzt oder in einer anderen Weise im Schild oder Feld gestellt, ist dies anzuzeigen. Alle heraldischen Farben sind als Tingierung der Figur gebräuchlich. Wird ein Teil des Striegels anders tingiert als andere, ist dies unter genauer Angabe des entsprechenden Teils und seiner Farbe zu melden.
Striegel (T-förmig)
Eine Form des Striegels erscheint als halbzylindrisches (oder bewinkeltes) Blatt, dessen Enden vorne in mehrere Zähne auslaufen. An der Hinterseite des Blattes ist gewöhnlich ein Arm befestigt, der an einem hölzernen Handgriff montiert ist. Je nach Striegel ist der Arm zum Blatt hin in einem Ende oder gabelförmig in zwei- bis drei Enden ausgezogen, was gewöhnlich nicht gemeldet wird. Die Gesamtfigur ähnelt entfernt dem Großbuchstaben „T“. Im Siebmacher findet man daher beim Wappen Tullinger/Tüllinger die Beschreibung: „Ein goldenes T (oder ein Pferdestriegel)“[1].
Striegel (rechteckig)
Eine Form des Striegels erscheint als rechteckige metallene Platte, auf deren einen Seite mehre gezahnte, metallene Streifen parallel (in sogenannten „Zeilen“) befestigt sind und die mit einem hölzernen Griff gehalten werden kann. Die Anzahl der Zeilen und der Zähne wird gewöhnlich nicht gemeldet und vom Wappenkünstler in einer für das Gesamtwappen zuträglichen Harmonie aufgerissen (die realen Pflegegeräte haben gewöhnlich zwischen 2 und 10 Zeilen mit ca. 10 bis 80 Zähnen pro Zeile). Ein nach der Figur durchbrochener Striegel, bei dem die Tinktur des Schildes beziehungsweise ein Untergrund „durchscheint“, sollte angezeigt werden.
Striegel (rund)
Gemeine Figuren, die modernen runden oder ovalen Striegeltypen nachempfunden sind, sind im Wappenwesen nicht gebräuchlich.
Abgrenzung
Die Figur Striegel ist von ähnlichen Wappenfiguren, insbesondere einem Rosskamm zu unterscheiden. Beispielsweise ordnen Rietstap/Rolland der Familie Marstaller als Wappenfigur auch einen länglichen Rosskamm zu (keinen Striegel), der oben in ein Kreuz ausläuft; und Johann Simon Beckenstein bestimmt 1731 in seinem Werk „Kurze Einleitung zur Wappenkunst“ irrtümlich zwei Rosskämme mit abgerundeter Handhabe als Striegel.[2] Selbst die Wappenbilderordnung (WBO) des Herold (Verein) setzt irrtümlich einen Roßkamm mit einem Striegel gleich (Code-Nr. 9084) und zeigt als Muster eine unbestimmte Wappenfigur, die strenggenommen weder einem Striegel, noch einem Roßkamm entspricht.[3]
- Keine Striegel
Verbreitung
Im Jahre 1889 glaubt Gritzner, nur eine Familie zu kennen, die einen Striegel im Wappen führt (Familie Marstaller):
„Der Striegel (Tafel XXX. Figur 9.): uns nur einmal als in Wappen vorkommend erinnerlich.“
Die Figur erscheint jedoch in weiteren Wappen, zum Beispiel bei den Familien de Sille, Thibault/Thibaut, Sappogne, Harman (Kent), Harmond.
Siehe auch
Literatur
- Clark, John: The Medieval Horse and Its Equipment, C.1150-C.1450. Boydell Press. 2004. ISBN 1843830973. ISBN 9781843830979
Einzelnachweise
- ↑ J. Siebmacher's grosses und allgemeines Wappenbuch, V. Band, 2. Abteilung; Zweitausend bürgerliche Wappen; Verfasser: O.T. von Hefner; Publikation: Nürnberg: Bauer & Raspe, 1872. S. 10.
- ↑ Vgl. Beckenstein, Johann Simon: Kurze Einleitung zur Wappenkunst und zur Art des Blasonierens. St. Petersburg. 1731. S. 235
- ↑ Vgl. Wappenbilderordnung. Symbolorum armorialium ordo, hrsg. vom Herold - Verein für Heraldik, Genealogie und verwandte Wissenschaften zu Berlin. Bearb. von Jürgen Arndt und Werner Seeger, 2 Bde, 2. ergänzte u. berichtigte Aufl., Neustadt a. d. Aisch 1990-1996 (kurz: WBO). Bd. 1.: Wappenbilder; Bd. 2: General-Index.
Editorische Notiz: Zugleich Neubearbeitung des Handbuchs der heraldischen Terminologie von Maximilian Gritzner (Einleitungsband, Abt. B des Neuen Siebmacherschen Wappenbuches, Nürnberg, 1890). Band 1: S. 182/183; Band 2: S. 318. - ↑ J. Siebmacher's grosses und allgemeines Wappenbuch, Einleitungsband, Abteilung B: Grundsätze der Wappenkunst verbunden mit einem Handbuch der heraldischen Terminologie (Maximilian Gritzner). Nürnberg: Bauer & Raspe, 1889. S. 142