Schiffshaken (Heraldik)
(Tülle, mit kräftigem, gebogenen Widerhaken nach rechts und einem kleinen nach links; nach Siebmacher)
(nach WBO, Nr. 9355)

(Watson und der Hai

Die Ausdrücke Schiffshaken (auch Schifferhaken, Schiffhaken, Schifferstachel genannt), Enterhaken, Bootshaken (frz.: gaffe, croc de bâtelier; engl.: boat hook), Fischerhaken oder ähnlich bezeichnen im Wappenwesen gemeine Figuren, wobei die Darstellungen der Figuren in der heraldischen Stilisierung nicht scharf oder eindeutig voneinander getrennt und die Begriffe zum Teil synonym verwendet werden. Name, Form und spezifische Eigenschaften der jeweiligen Wappenfigur sollten in der Wappenbeschreibung möglichst genau gemeldet werden.
Darstellung
Die Figuren Schiffs-, Enter-, Boots- und Fischerhaken sind ihren gleichnamigen Vorbildern nachempfunden. Die realen Objekte erscheinen gewöhnlich als Schaftholz, auf welches am hinteren Ende eine konische (metallene) Tülle gesteckt ist. Diese läuft (teils abgerundet, teils scharfkantig) als Spitze aus („Tüllenspitze“), besitzt aber immer mindesten einen von der Spitze zur einen Seite abgebogenen Zinken oder Widerhaken. Die genannten Gebrauchsgegenstände unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Funktion und können zur optimalen Durchführung trotz ähnlicher Bauart unterschiedlich konstruiert sein (teils mit langer Stange, teils mit kurzer et cetera). Es existieren regional unterschiedliche Konstruktionsformen für jede Hakenform, die mit ihren Merkmalen zu melden sind, wenn sie als Wappenfigur erscheinen. Gemeinsam ist all diesen Gebrauchsgegenständen, dass sie im weitesten Sinn mit der Schifffahrt und/oder der Fischerei zu tun haben. Als ursprünglich von ihrer Funktionalität beherrschte Gebrauchsgegenstände sind viele dieser Haken Werkzeug und Waffe in einem.
Die Figuren kommen einzeln im Wappen vor, werden teilweise aber auch in Mehrzahl (zum Beispiel schräggekreuzt) oder mit anderen Wappenfiguren kombiniert.
„Schiffshaken, Enterhaken: oben stark gebogener Haken, zum Beispiel im Wappen derer von Oppel und von Bischodwerda.“
In der Regel ist die Lage des Widerhakens bzw. der widerhakenförmigen Vorrichtung nach heraldisch rechts gewendet. In anderen Fällen sollte man sie in der Wappenbeschreibung angeben (zum Beispiel nach links gewendet, auswärtsgekehrt oder ähnlich). Wenn der Aufsatz mit der Spitze und seinem hakenförmigen Teil zum oberen und der Stab der Figur zum unteren Schildrand gerichtet sind, muss dies nicht unbedingt gemeldet werden, kann aber zum Beispiels als „aufrechter Schiffshaken“ oder ähnlich beschrieben sein. Sind die Schiffshaken gestürzt oder in einer anderen Weise im Schild oder Feld gestellt, ist dies anzuzeigen. Alle heraldischen Farben sind als Tingierung der Figur gebräuchlich. Wird der obere Teil des Schiffshakens anders tingiert als der Stab, ist dies zu melden.
Name | Funktion/Beschreibung | Überschrift |
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Schiff(s)haken: Der Ausdruck Schiffshaken ist in der Heraldik ein eher unbestimmter Oberbegriff für alle Haken, die auf Wasserfahrzeugen verwendet werden („Haken auf Schiffen und für Schiffe“[2]; in der Regel an langen Stangen, aber auch ohne oder nur mit kurzer Stange). Zu den Schiffshaken zählen beispielsweise Bootshaken, Enterhaken oder ähnliche Haken. | ||
Bootshaken![]() |
Der Bootshaken (manchmal auch Kanthaken, Kenterhaken sowie im niederdeutschen Peekhaken genannt, angelehnt an peek=Piek/Spitze, „Haken mit einer Spitze“) wird im Gegensatz zum Enterhaken gewöhnlich nicht als Waffe genutzt, sondern um ein Wasserfahrzeug an andere Boote, Schiffe oder einen Anleger heranzuziehen oder abzudrücken sowie um Sachen oder Personen aus dem Wasser zu fischen. Manchmal wird er auch beim Straffen oder Niederholen von Segeln genutzt. Bootshaken erscheinen gewöhnlich mit einer kräftigen konischen Tülle und gebogenem Haken, teilweise mit Vierkantspitze, insgesamt weniger scharfkantig, sondern eher mit einer abgerundeten Spitze. In der heutigen Zeit hat sich die Form der Bootshaken im Großen und Ganzen erhalten, nur sind die Spitzen noch stumpfer und man verwendet andere Materialien. | |
Enterhaken![]() |
„Enterhaken“ ist ein mehrdeutiger Begriff vor allem für Waffen, die man zum Beispiel in das Tauwerk eines feindlichen Schiffes wirft oder an der Reling einhakt, um es heranzuziehen. Der Gebrauchsgegenstand erscheint in zwei Varianten:
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Fischerhaken | Der Fischerhaken ist eine Harpune (Fischhaken, Wurfspieß, Wurfspeer, Fischspeer; russisch: Багор), die mit nur einem (maximal zwei) Widerhaken ausgestattet ist. Er wird bei der Jagd auf Fische verwendet (zum Beispiel fangen Kosaken im Winter bei der „Bagrenye“ Störe aus dem Fluß Ural mit entsprechenden Fischhaken). Der Widerhaken am Fischerhaken verhindert, dass die aufgespießten Tiere wieder vom Speer rutschen und verloren gehen. |
Schiffergesellschaft
Zwei schräggekreuzte Schiffshaken, oben mit einer angestemmten Krone erscheinen im Wappen der Schiffergesellschaft Lübeck, die ein Zusammenschluss von Seefahrern zum Zwecke des gegenseitigen Schutzes, des Zusammenhaltes und der sozialen Absicherung von Hinterbliebenen ist. Mit Beginn der seefahrenden Hanse gründeten sich Schiffergesellschaften ursprünglich als Bruderschaften
oder Zunftorganisationen
(oft unter dem Patronat eines namensgebenden Heiligen). Eine der vermutlich frühesten Schiffergesellschaften ist die Danziger Schifferzunft, deren Vorläufer in einem Dokument vom 4. März (Estomihi) 1386 urkundlich erwähnt wurde.
Stecknitzfahrer
Die Gilde der Stecknitzfahrer
führt in ihrem Wappen zwei ihrer Berufssymbole: den Staken und den Bootshaken, wodurch ein direkter Vergleich zwischen diesen Werkzeugen möglich ist. Im Gegensatz zum Bootshaken erscheint der Staken (auch Stake genannt) als lange Stange, die am oberen Ende eine Gabel besitzt und am unteren Ende teilweise einen Griff.
Stein der Stecknitzfahrer
, Kirchhof Berkenthin
Fischerhaken
Der Fischerhaken ist, was seine Funktion anbetrifft, ein Art Fischspeer und Packhaken oder Gaff in einem. Mit ihm kann man Fische vom Ufer oder Einbaum aus sowie durch Eislöcher stechen respektive durchbohren und mittels des Widerhakens auch bergen oder an Bord ziehen.
Abgrenzung
In vielen Fällen ist nicht schlüssig bestimmbar, ob ein Haken mit mindestens einem Widerhaken, der in einem Wappen erscheint, tatsächlich eine Ausprägung eines Schiffshakens (Enterhaken, Bootshaken, Fischerhaken etc.), eine Harpune oder eine ganz andere Wappenfigur (Floßhaken, Feuerhaken, Heuriffel, Gleve oder ähnliches) darstellt.
- Angenommene Schiffshaken oder vergleichbare Figuren
- KEINE Schiffshaken, sondern ...
Feuer-/Einreißhaken
(Wappen des Bistums Lebus, nach dem Schrotschen Wappenbuch)
Einreiß-/Brandhaken
(ca. 1475–1500: Wappen der von Nanckenreuth im Wernigeroder Wappenbuch)Oberteil eines Rodungs-/Feuerhakens
(Wappen der von Wintzingerode)
Oppell und Wappensagen
Nach einer Wappensage sollen die von Oppell einen Schiffshaken im Wappen führen, weil Mitglieder der Familie die Sarazenen mit solchen Haken in die Flucht geschlagen haben; eine zweite Sage geht davon aus, dass zur Zeit von Karl dem Großen zwei Brüder der Oppell-Familie einige Sarazenenschiffe mit solchen Haken erst geentert und dann versenkt hätten.[3]
Ehingen und Derivate
Im Siebmacher werden die Stangen mit Spitze und Widerhaken im Wappen der Familien von Ehingen/Ehinger meist als Heuriffel/-haken beschrieben, das ist hakenartiges Gerät, um Heu aus dem Heustock zu rupfen. Die gleichen Wappenfiguren werden später manchmal als Schiffshaken, Fischhaken oder ähnliches interpretiert (zum Beispiel bei Otto von Alberti).
Wappenbilderordnung
- Der Bootshaken wurde in die Wappenbilderordnung (WBO) des Herold (Verein) im Abschnitt Handwerksgerät unter der Nr. 9355 aufgenommen.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Gert Oswald: Lexikon der Heraldik. Bibliographisches Institut, Mannheim, Wien, Zürich 1984, ISBN 3-411-02149-7, S. 344 (Digitalisat [abgerufen am 29. Februar 2020]).
- ↑
Lemma Schiffhaken. In: Jacob Grimm, Wilhelm Grimm: Deutsches Wörterbuch, Leipzig 1854-1960 (woerterbuchnetz.de).
- ↑ Kneschke, Ernst Heinrich: Die Wappen der deutschen freiherrlichen und adeligen Familien: In genauer, vollständiger und allgemein verständlicher Beschreibung: mit geschichtlichen und urkundlichen Nachweisen. 1856. S. 341, 342.