Kriegsgerät (Heraldik)

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Beispiele für Kriegsgerät
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Rüstkammer mit Kriegsgerät (errichtet ca. 1670 von Carl Gustaf Graf Wrangel; Schloss Skokloster, Schweden)
Detail salle armures Kunsthistorisches Museum Vienne.jpg
alternative Beschreibung
Waffensammlung des Kunsthistorischen Museums

Kriegsgeräte (auch „Wehr-, Kriegs-, Militärtechnikgeräte“, „Schutz- und Trutzwaffen“, kurz „Geräte“ oder ähnlich genannt; französisch matériel de guerre; englisch war implements) ist in der Heraldik ein gebräuchlicher Ordnungsausdruck, der sich an den gleichlautenden umgangssprachlichen Ausdruck anlehnt und bestimmte gemeine Wappenfiguren, die wehr-, militär-, kriegs- oder verteidigungstechnischen Geräten und Maschinen et cetera nachempfunden sind, in einer Gruppe zusammenfasst.

Darstellung

Jedes Motiv, welches der Gruppe „Kriegsgeräte“ zugeordnet ist, ist in der Heraldik eine gemeine Figur. In Wappen sind nahezu alle Arten von

  • Schutzwaffen und Rüstungen (Harnisch, Schanzkorb, Pflug und so weiter)
  • Hieb- und Stichwaffen (Schwert, Morgenstern, Hellebarde und so weiter)
  • Schuß- und Schleuderwaffen (Armbrust, Granate, Pfeil und Bogen und so weiter)
  • sowie andere oder angrenzende Kriegsgeräte/Waffenbestandteile (Mauerbrecher, Wehrgehänge, Zielscheibe und so weiter)

anzutreffen, sowohl in ganzer Gestalt als auch in Form von Bestandteilen. Christian Samuel Theodor Bernd gliedert im 19. Jahrhundert Kriegsgerätefiguren folgendermaßen:

„Der Wappen mit Waffen, vorzüglich

  • zum Angriffe, aus alter und neuer Zeit, wie Schwerter, Säbel, Dolche, Lanzen und Spieße, Hellebarden, Streitäxte, Streitkolben, Streithämmer, Bogen, Armbrüste nebst Pfeilen und Bolzen, wie auch mancherlei Spitzen von Spießen und Pfeilen;
  • aus späterer Zeit Feuerwaffen, wie Kanonen, Kanonenläufe, Mörser, Flinten, Büchsen, Pistolen (diese besonders in einer Menge schwedischer Wappen als Namenswappenbild) nebst Kugeln, Bomben und Granaten (ebenfalls besonders häufig in schwedischen und neueren französischen Wappen) giebt es so außerordentlich viele, daß man deren in allen größeren Wappenbüchern in großer Menge findet, und daß es für alles Einzelne keiner besonderen Beispiele und Beweise bedarf.
  • Im Vergleich damit kommen aber der Schutzwaffen wie Schilden als gemeine Wappenbilder viel weniger vor, wogegen die Helme desto mehr auf den Schilden zu den Oberwappen gebraucht werden (..)
  • Von den andern Rüstungstücken oder Theilen und Zubehör zu denselben kommen als gemeine Wappenbilder vor: Sporen und Sporenräder, wie auch Ringe mit und ohne Edelsteine, als Zeichen des Ritterstandes, Blech- oder Panzer- und andere Handschuhe, Gürtel, Schnallen und dann noch, was zur Ausrüstung seines Rosses gehöhrt.“

Heraldisches versus unheraldisches Kriegsgerät

In einem sehr engen, eher heraldisch-traditionellen Sinn zählen zu den Kriegsgerätefiguren nur diejenigen Motive, die in der Frühzeit des europäischen Wappenwesens auf einem Wappenschild als Wappenfigur denkbar gewesen wären. Nach dieser Auffassung gilt beispielsweise eine Kanone, welche in der Frühzeit des Wappenwesens in Europa nicht gebräuchlich war, als unheraldisch (die ältesten europäischen Darstellungen von Kanonen stammen außerhalb der Heraldik nach der Ansicht einiger Militärhistoriker erst aus den 1320er Jahren, die älteste erhaltene Kanone in Europa wurde in Loshult in Südschweden gefunden und stammt aus dem 14. Jahrhundert); in der neueren Heraldik zählt dagegen eine „Kanone“ zur Gruppe der Kriegsgerätefiguren und ist in der Wappenbilderordnung (WBO) des Herold unter der Nummer 9673 aufgelistet.[2]

Heraldische Regeln und Blasonierung von Kriegsgerätefiguren

Die meisten der Kriegsgerätefiguren besitzen eigene Regeln für die Darstellung im Wappenschild oder im Oberwappen beziehungsweise als Schildhalter sowie eigene Ausdrücke in der heraldischen Kunstsprache, um sie zu beschreiben. Christian Samuel Theodor Bernd gibt im 19. Jahrhundert ein paar allgemeine Empfehlungen für die Darstellung und Blasonierung von Kriegsgerätefiguren (unterfüttert mit Beispielen):

„Die Waffen, Rüstungsstücke, Kriegsgeräte et cetera werden in der Art, wie sie wirklich sind, altertümlich oder jetztzeitlich kenntlich abgebildet und bei der Anmeldung nur in dieser Art genannt und da wo es nötig ist, ihrer besonderen Gestalt nach beschrieben (..) Was Stellung und Richtung der Waffen betrifft, so brauchet ihre gewöhnlich angenommene Stellung und Richtung, also bei Schwertern, Säbeln, Degen, Dolchen et cetera mit der Spitze oder dem zum Schlagen und Verwunden dienende Teile nach oben, die Schneide et cetera nach rechts gerichtet, bei Kanonen in waagerechter Stellung als so vorausgesetzt, nicht gemeldet werden (..) Sind Waffen, Waffenstücke, so auch mancherlei Werkzeuge, mit dem Griffe, Hefte, Schafte, Stiele und so weiter von anderer Farbe oder Metall versehen, so werden sie als so begrifft und beheftet (..), so geschäftet, so gestielet (..) angegeben. Ebenso wird der Beschlag, an der Spitze der Scheide eines Schwertes et cetera das Ortband von anderer Farbe angegeben (..) Ein Bogen, eine Armbrust mit einer Sehne von anderer Farbe ist so besehnt oder bespannt (..); ein Pfeil, Bolzen, die Spitze nach dem obern Schildrande gerichtet kann steigend und ein entgegengesetzter fallend am kürzesten genannt werden (..)“

Heraldische Gliederung

Für gemeine Figuren aus dem Bereich „Kriegsgerät“ sind in der Wappenbilderordnung des Herolds die Codenummern 9600 bis 9699 reseviert. Der Bereich stellt eine Untergruppe von „Andere Erzeugnisse von Menschenhand“ dar beziehungsweise gehört zur Hauptgruppe „Artefakte“. Benachbarte oder verwandte Untergruppen sind „Handwerksgerät“, „Haus- und Küchengerät“, „Nahrungsmittel und Kaufmannsgerät“, „Landwirtschaftliches Gerät, Jagd- und Fischgerät“, „Gegenstände der Bekleidung sowie Schmuck“, „Herrschaft-, Rang- und Würdezeichen“, „Gegenstände aus Kunst und Spiel“ und „Buch- und Schriftwerk, Zahlen und Zeichen aller Art“. Überschneidungen bei der Einordnung der heraldischen Figuren in eine benachbarte Untergruppe sind möglich und nicht immer eindeutig oder widerspruchsfrei: Eine Messerfigur beispielsweise ist gleichermaßen Waffe (Gruppe „Kriegsgerät“), Werkzeug (Gruppe „Handwerksgerät“ oder „Landwirtschaftliches Gerät, Jagd- und Fischgerät“), aber auch ein „Küchengerät“. Es ist daher empfehlenswert, die Messerfigur in all diesen Untergruppen anzuführen, damit potentielle Suchen nach der Wappenfigur „Messer“ schneller zum Ziel führen.

WBO
9600-9699

Weblinks

Commons: Rüstungssammlungen nach Museum – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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Einzelnachweise

  1. Hochspringen nach: 1,0 1,1 Bernd, Christian Samuel Theodor: Die Hauptstücke der Wappenwissenschaft: Die allgemeine Wappenwissenschaft in Lehre und Anwendung: nach ihren Grundsätzen in Europas Ländern aus den Quellen dargestellt, und mit Tausenden von Beispielen wirklicher Wappen aus jenen Ländern (..). Band 2. Bonn, 1849. (Google). S. 236-243
  2. Jürgen Arndt und Werner Seeger (Bearbeiter) mit Wappenskizzen von Lothar Müller-Westphal: Wappenbilderordnung. Symbolorum armorialium ordo. Zit.: WBO - Wappenbilder. Hrsg.: Herold, Verein für Heraldik Genealogie und verwandte Wissenschaften (= J. Siebmachers Großes Wappenbuch. B). 2., ergänzte und berichtigte Auflage. Band I. Bauer & Raspe, Inh. Manfred Dreiss, Neustadt an der Aisch 1996, ISBN 3-87947-110-X, S. 206 f. Tafel 71. Nr. 9673 (447 S., zugleich Neubearbeitung des Handbuchs der heraldischen Terminologie von Maximilian Gritzner; Einleitungsband, Abt. B des Neuen Siebmacherschen Wappenbuches, Nürnberg, 1890).