Wirkeisen
Das Wirkeisen (auch Werkeisen, Wirkmesser, Werkmesser, Schabmesser oder ähnlich genannt; frz.: bute, butte oder boutoir; engl.: buttress, farrier's paring-knife) ist in der neueren Heraldik eine seltene gemeine Figur, die im frühen Wappenwesen nicht gebräuchlich ist.
Bedeutungsentwicklung
Die allgemeinen Ausdrücke Wirkeisen und Werkeisen stehen im Alltag für spezielle eiserne Werkzeuge/Arbeitsgeräte verschiedener Gewerbe[1][2]. Die Wirk-/Werkeisen der Gerber, Bergmänner, Hufschmiede, Tischler, Schuster, Glasmacher et cetera unterscheiden sich in Form, Ausführung und Gebrauch voneinander, je nachdem für welches spezielles Fertigungsverfahren das entsprechende gleichnamige Arbeitsgerät gebräuchlich ist. Da diese gebrauchsspezifischen Werkzeuge in zahlreichen historischen und lokalen Ausprägungen seit der Antike beziehungsweise seit dem Mittelalter überliefert sind, können sie im Prinzip alle in einem Wappen als eine gemeine Figur erscheinen. Vorausgesetzt, sie sind z. B. unter Angabe eines eindeutigen Eigennamens in der Wappenbeschreibung konsistent bezeichnet, sollten in einem Wappenaufriss die jeweiligen speziellen Eigentümlichkeiten deutlich und unverwechselbar heraldisch stilisiert hervorgehoben sein.
Darstellung
In der Heraldik ist die Figur Wirk-/Werkeisen gewöhnlich dem gleichnamigen Werkzeug eines mittelalterlichen Hufschmieds nachempfunden (Wirk-/Werkeisen bzw. Wirk-/Werkmesser anderer Gewerbe sollten unter Angabe eindeutiger Bezeichnungen im Blason gemeldet werden). Es dient dem Ausputzen/Ausschneiden (dem „Auswirken“[3]) der Hufe der Pferde vor dem Beschlagen mit Hufeisen. Ein Wirkeisen hat am hinteren Ende gewöhnlich eine hölzerne, birnenförmige bis kreisrunde Handhabe, um einen festen Griff zu ermöglichen; die schneidende („auswirkende“) Klinge des Wirkeisens ist in Form einer mehr oder weniger großen, schmalen Schaufel mit scharfen Kanten ausgeprägt (Schneidbreite ca. 5 Zentimeter); Klinge und Handhabe/Griff sind durch ein geschwungenes oder gekrümmtes, „S-“ bis „schwanenhals-förmiges“ Eisen miteinander verbunden. Das Werkzeug kommt in zahlreichen Ausprägungen vor: Teilweise sind das verbindende Eisen beziehungsweise der Handgriff ornamental oder figürlich ausgearbeitet (beispielsweise als Pferdekopf), teilweise ist die Klinge ankerförmig, nicht kurz- sondern langgezogen et cetera.
Verbreitung
Carl Mayer von Mayerfels geht 1857 davon aus, dass die Figur Wirkmesser/Wirkeisen nur in der französischen Heraldik anzutreffen ist:
„(..) Dagegen haben die Franzosen noch heutzutage auch sehr viele künstliche, erdichtete und natürliche Figuren, wie sie in andern Ländern nicht vorkommen und die namentlich unserer deutschen Heraldik von jeher schon fremd waren. - So zum Beispiel das Wirkmesser oder Wirkeisen der Hufschmiede (bute) ...“
Redende Wappen mit der Figur Wirkeisen führen nach Rietstap/Rolland/Renesse die französische Familie Butet („in Silber drei blaue Wirkeisen“; =bute, butte, boutoir)[5] und nach Foras und Borel die Familie Buttet („De sable aux trois butes d'or entrelacées, deux en sautoir et une en pal“[6][7]); seit 1941 erscheint im Wappen der Schweizer Gemeinde Hubersdorf
ein schwarzes „Stosshufmesser“, so dass spätestens zu diesem Zeitpunkt die Figur nicht nur auf die französische Heraldik beschränkt ist.
Drei Wirkeisen (2:1);
(Wappen der Familie Butet; nach V. & H. V. Rolland)Aufrecht stehendes schwarzes Stosshufmesser (Hubersdorf
)
Wappenbilderordnung
- Die Figur Wirkeisen beziehungsweise Wirkmesser wurde in die Wappenbilderordnung (WBO) des Herold (Verein) im Abschnitt Handwerksgerät unter der Nr. 9318 ohne Musterabbildung aufgenommen.
Literatur
- Pierer's Universal-Lexikon: Wirkeisen. Band 19. Altenburg 1865. S. 282
Einzelnachweise
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Lemma Wirkeisen. In: Jacob Grimm, Wilhelm Grimm: Deutsches Wörterbuch, Leipzig 1854-1960 (woerterbuchnetz.de).
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Lemma Werkeisen. In: Jacob Grimm, Wilhelm Grimm: Deutsches Wörterbuch, Leipzig 1854-1960 (woerterbuchnetz.de).
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Lemma Auswirken. In: Jacob Grimm, Wilhelm Grimm: Deutsches Wörterbuch, Leipzig 1854-1960 (woerterbuchnetz.de).
- ↑ Carl Mayer von Mayerfels: Heraldisches ABC-Buch: das ist: Wesen und Begriff der wissenschaftlichen Heraldik, ihre Geschichte, Literatur, Theorie u. Praxis. Band 2, C. Wolf und Sohn (in Kommission Finsterlin), München 1857, S. 329.
- ↑ Vgl. z. B.: Théodore de Renesse: Dictionnaire des figures héraldiques. 7 Bände. 1883-1903; 1967.
- ↑ Comte Amédée de Foras: Armorial et nobiliaire de l'ancien duché de Savoie. Vol. 1 und Vol. 2. Grenoble, Allier Frères. 1863-1966. S. 287
- ↑ André Borel d'Hauterive: Annuaire de la Noblesse de France et des Maisons souveraines. Vol. A18. Grenoble, Allier Frères. 1861. S. 376-377.