Kommunalwappen

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Ein Kommunalwappen (auch kommunales Wappen genannt; englisch communal coat of arms) ist

  • umgangssprachlich beziehungsweise in einem weiten Sinn ein Synonym oder ein Ober-/Sammelbegriff zu Ausdrücken wie Gemeinde-, Dorf-, Kreis-, Stadt-, Ortswappen, amtliches Wappen, Amtswappen et cetera
  • in einem engeren Sinn ein Wappen beziehungsweise ein bleibendes, nach bestimmten Regeln erstelltes Zeichen gewöhnlich in Form eines (ritterlichen) Schildes, welches von einer KommuneW-Logo.png (Landkreis, Stadt, Gemeinde oder ähnliches) geführt wird und diese repräsentiert.

Bedeutung

„Kommunalwappen“ ist ein uneinheitlicher oder unscharfer Begriff, der gewöhnlich in Zusammenhang mit Wappen verwendet wird, die „Kommunen“ kennzeichnen oder von „Kommunen“ geführt werden, also von Gemeinden, Städten, Kreisen/Landkreisen, die im Hinblick auf ihre Beschaffenheit lokalisierbar sind und den kommunalen Gebietskörperschaften zugeordnet werden. Gert Oswald bestimmt den Ausdruck mittels Gegenbegriffen (das heißt mit Wappen, die keine Kommunalwappen sind):

Kommunalwappen: im Gegensatz zu den privaten Wappen oder denen der Universitäten beziehungsweise einzelnen Gesellschaften die Wappen von Landkreisen, Städten oder Gemeinden.“

Gert Oswald: Lexikon der Heraldik (1984)[1]

Wortgeschichte

Von der Frühzeit der Wappen-/Siegelführung durch Städte (12./13. Jahrhundert) bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts ist der Ausdruck „Kommunalwappen“ für die Wappen von Städten, Gemeinden oder Landkreisen nicht nachweisbar oder wird nur ausnahmsweise gebraucht. Erst etwa ab dem Ende des 19. Jahrhunderts erscheint er in Schriftwerken, überwiegend im Zusammenhang mit fälschlichen, mißbräuchlichen oder ungesetzlichen Führungen von „Kommunalwappen“. Sein zunehmendes Aufreten steht in Wechselwirkung mit den zunehmenden Wappenführung von Kommunen in Deutschland (verstärkt seit den 1920er Jahren, „in noch größerem Ausmaß seit 1935 mit der rechtlichen Gleichstellung von Stadt- und Landgemeinden in Frage der Wappen- und Siegelführung“, abermals nach 1945 „aufgrund der Neugliederungen und der Gebietsreformen“).[2]

Im 20./21. Jahrhundert wird der Ausdruck einerseits in der UmgangsspracheW-Logo.png, in Fachsprachen, in der AmtsspracheW-Logo.png sowie in der heraldischen Fachliteratur gelegentlich verwendet, andererseits ist er noch weitgehend unbestimmt. Bis heute (Stand 2020) wird seine Bedeutung in den meisten deutschsprachigen Wörterbüchern und Lexika nicht erläutert oder definiert:

„„Kommunalwappen“ ist nicht in unseren gegenwartssprachlichen lexikalischen Quellen vorhanden.“

Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache (2020)[3]

„Der gesuchte Begriff ist nicht im canoonet-Wörterbuch enthalten.“

canoonet-Wörterbuch (2020)[4]

„keine Ergebnisse“

Uni Leipzig: Wortschatz-Portal (2011/2020)[5]
Entwicklung vom Siegel zum Kommunalwappen
(Beispiel: Landau in der Pfalz)
 
Siegel (nach Leonhard 1286, nach anderen 14. Jhr.)[2]
 
1885: nach Meyers Konversationslexikons
 
Wappen vor 1907
 
Wappen 1907–1961
 
verliehen am 10. Ja­nu­ar 1961 durch das Ministerium des Innern

Vergabe kommunaler Wappen

In der Gegenwart Deutschlands findet die Kontrolle über die sogenannten „Kommunalwappen“ ihre Rechstgrundlage im KommunalrechtW-Logo.png und in den GemeindeordnungenW-Logo.png und liegt bei den einzelnen KommunalverwaltungenW-Logo.png beziehungsweise bei der obersten Kommunalaufsichtsbehörde üblicherweise unter Einschaltung von Staatsarchiven:

Kommunale Wappen (Städtwappen - Gemeindewappen - Landkreiswappen): (..) Ohne staatliche Genehmigung ist die Annahme und Führung eines Stadt-, Landkreis- oder Gemeindewappens und einer eigenen Fahne, die meist in den Farben des Wappens gehalten ist, oder zusätzlich das Wappen enthält, nicht erlaubt.“

Walter Leonhard: Das grosse Buch der Wappenkunst (1978/2000)[2]

„Bei der Annahme neuer Wappen, die in den meisten Bundesländern der Genehmigung der obersten Kommunalaufsichtbehörde (Landesministerium des Inneren) bedürfen, ist ebenso wie bei der Wiederherstellung oder Berechtigung älterer Wappenformen die gutachtliche Einschaltung des zuständigen Staatsarchivs zumeist vorgeschrieben.“

Handbuch der Heraldik (2017)[6]

Darstellung

Es gibt keine einhellige, konsistente oder verbindliche Auffassung und keine einheitlichen Richtlinien über die genaue Ausprägung von Kommunalwappen.[7] Das Kommunalrecht und die kommunale Heraldik entwickelten sich im Laufe der Jahrhunderte in den verschiedenen Ländern und Wappenkulturen derart unterschiedlich, dass Kommunalwappen je nach örtlichen und historischen Zusammenhängen anders ausgeprägt und gestaltet sind. Teilweise entsprechen sie den Regeln der Heraldik, teilweise stellen sie „paraheraldische Machwerke“ dar und teilweise sind sie en bloc unheraldisch. Das Durcheinander der Darstellungsweisen von Kommunalwappen ist auch in begrenzten Wappenkulturräumen nachweisbar, beispielsweise im deutschsprachig geprägten:

„Die Wappen deutscher Kommunen und Kommunalverbände sind nicht immer befriedigend, nicht zuletzt, weil die Entscheidungsträger, die Kommunalpolitiker, von Heraldik wenig Ahnung haben und häufig nicht bereit sind, auf Fachleute zu hören.“

Handbuch der Heraldik (2017)[6]

In ihrer äußeren Erscheinung unterscheiden sich die Kommunalwappen nicht grundsätzlich von Familienwappen.[6] Da keine universellen, klaren und konsistenten Bestimmungen bezüglich der Ausstattung von Kommunalwappen bestehen, sind die Abweichungen, Ausnahmen und Verstöße gegen heraldische Regeln in der Kommunalheraldik Legion. Kommunalwappen können sich hauptsächlich durch folgende Merkmale auszeichnen, müssen es aber nicht:

Merkmal Darstellung im Kommunalwappen Beispiel
Einige Heraldiker (Neubecker, Leonhard etc.) gehen davon aus, dass ein Schild für ein Kommunalwappen „unumstritten“ ist und sich eine Darstellungsweise ohne Prunkstücke oder anderes heraldisches Beiwerk zahlenmäßig durchgesetzt hat:[7]

„Kommunale Wappen bestehen, mit geringen Ausnahmen, nur aus einem Wappenschild.“

Walter Leonhard: Das grosse Buch der Wappenkunst (1978/2000)[2]

„Die Zahl der Stadtwappen, die außer dem Schild noch die weiteren heraldischen Stücke umfassen, ist nicht sehr groß.“

Handbuch der Heraldik (2017)[6]
 
Kommunalwappen Amster­damWp Insigne Nederlandicum.png
(nur Wappenschild)
 
Kommunalwappen Berlin
(nur Wappenschild)
Teilweise erscheinen Rangkronen auf dem Schilde von Kommunalwappen, wobei die heraldische Literatur gewöhnlich davon ausgeht, dass diese erst nachträglich verliehen wurden und nicht substanziell für das jeweilige Kommunalwappen sind:

„Tragen Städtwappen Rangkronen, so sind diese in der Regel zusätzlich verliehen.“

Walter Leonhard: Das grosse Buch der Wappenkunst (1978/2000)[2]

„(..) anderen (Stadtwappen) sind Rangkronen verliehen worden, wie Amsterdam (Kaiserkrone) oder Berlin (Kurhut, später Königskrone .. [dann Volkskrone -- Anmerkung der Redaktion]).“

„Wenn Städte Rangkronen auf dem Schilde führen, so liegt fast stets eine Verleihung zugrunde (Königsberg, Emden, Amsterdam, Darmstadt).“

Handbuch der Heraldik (2017)[6]
Teilweise erscheinen Mauerkronen auf den Schilden von Kommunalwappen, wobei in der heraldischen Literatur strittig oder nicht ausreichend erforscht ist, welchen Einfluss die napoleonische Heraldik dabei hatte, welchen nicht:

„(..) Die Sitte, auf Stadtwappen Mauerkronen zu setzen, ist ein Beitrag der Napoleonischen Heraldik des 19. Jahrhunderts. Sie hat sich in Deutschland kaum ausgewirkt (..)“

Walter Leonhard: Das grosse Buch der Wappenkunst (1978/2000)[2]

„(Mauerkronen,) die von den drei bedeutendsten deutschen Reichstädten Nürnberg, Augsburg und Frankfurt am Main seit Beginn des 18. Jahr­hun­derts (..) auf ihren Schild gesetzt wurden (..) in Deutschland aber in dem falschen Verdacht stehen, ein Erbe der verachteten napoleonischen Heraldik (..) zu sein.“

Coat of arms of Berlin (1935).svg
1934: Wappen Ber­lins mit Mauer­krone; West-Berlin bis 1954, Ost-Berlin bis 1990
Teilweise erscheinen Kommunalwappen mit Schildhaltern:

„(..) Schildhalter sind (bei Stadtwappen) vereinzelt seit dem 15. Jahrhundert nachweisbar (..)“

Walter Leonhard: Das grosse Buch der Wappenkunst (1978/2000)[2]

„(..) andere (Städte legten Wert) auf einen oder zwei Schildhalter.“

Milan Buben (1986)[8]
Kommunalwappen Amster­damWp Insigne Nederlandicum.png mit Schildhaltern
In der heraldischen Literatur fehlt es nicht an Hinweisen, dass Kommunal- respektive Städtwappen teilweise mit Helm, Helmzier und Helmdecken erscheinen:

„(..) Viele, gerade alte und bedeutende Städte wie OxfordW-Logo en.png (..) in England, Prag in Böhmen, Hannover und Göttingen in Niedersachsen ergänzen das Wappen mit Helm und Helmzier (..)“

„In Deutschland kommen Stadtwappen mit Helm und Helmzier am meisten in Schlesien, Sachsen und Niedersachsen vor. Das älteste Stadtwappen mit einer Helmzier ist das von Köln.“

Handbuch der Heraldik (2017)[6]

Dem Heraldiker Walter Leonhard erscheint es schlüssig, wenn im Normalfall Kommunalwappen ohne „Persönlich­keits­zeichen“ dargestellt werden:

„(..) Aus naheliegenden Gründen fehlt (bei kommunalen Wappen) das Persönlich­keits­zeichen, der Helm mit Helmzier und Helmdecken.“

Walter Leonhard: Das grosse Buch der Wappenkunst (1978/2000)[2]
Kommunalwappen Hannover mit Helm, Helmzier und Helmdecken

Die Kommunalheraldik zeichnet sich durch zahllose, unsyste­matisch und unkoordiniert durchgeführte Wappen­vereinigun­gen mittels unterschiedlicher Methoden aus, darunter zum Beispiel auch die Zusammenstellung von zwei Schilden wie im Kommunalwappen von Essen (ähnlich wie bei Allianzwappen).
DEU Essen COA.svg
Zusammengestelltes Kommunalwappen (Essen)
Nach Milan Buben sind Wahlsprüche (Devisen) „verhältnismäßig selten“ bei Kommunal-/Städetwappen zu sehen.[8]

Siehe auch

Weblinks

  • Brandenburgisches Landeshauptarchiv: Kommunalheraldik. Allgemeines. Abgerufen am 2. März 2020.

Literatur

  • Karl Ernst Demandt: Grundsätze der kommunalen Heraldik. In: Der Archivar 9. 1956. Sp. 299 bis 302.

Einzelnachweise

  1. Gert Oswald: Lexikon der Heraldik. Bibliographisches Institut, Mannheim, Wien, Zürich 1984, ISBN 3-411-02149-7, S. 232 (Digitalisat [abgerufen am 29. Februar 2020]).
  2. Hochspringen nach: 2,0 2,1 2,2 2,3 2,4 2,5 2,6 2,7 Walter Leonhard: Das grosse Buch der Wappenkunst. Entwicklung, Elemente, Bildmotive, Gestaltung. Callway, München 1978, ISBN 3-8289-0768-7, S. 41 ff. (Genehmigte Lizenzausgabe für Weltbild Verlag GmbH: Bechtermünz, Augsburg 2000).
  3. „Kommunalwappen“, bereitgestellt durch das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/Kommunalwappen>, abgerufen am 03.03.2020
  4. „Kommunalwappen“, bereitgestellt durch canoonet. Deutsche Wörterbücher und Grammatik, <http://www.canoonet.eu/services/Controller?input=Kommunalwappen&service=canooNet&lookup=caseSensitive>, abgerufen am 03.03.2020
  5. „Kommunalwappen“, bereitgestellt durch Uni Leipzig: Wortschatz-Portal, <https://corpora.uni-leipzig.de/de/res?corpusId=deu_newscrawl_2011&word=Kommunalwappen >, abgerufen am 03.03.2020
  6. Hochspringen nach: 6,0 6,1 6,2 6,3 6,4 6,5 Herold, Verein für Heraldik (Hrsg.): Wappen. Handbuch der Heraldik. Als „Wappenfibel“ begründet von Adolf Matthias Hildebrandt, zuletzt weitergeführt von Jürgen Arndt, bearbeitet von Ludwig Biewer und Eckart Henning. Aktualisierte und neugestaltete Auflage. 20. Auflage. Böhlau Verlag GmbH & Cie., Köln, Weimar, Wien 2017, ISBN 978-3-412-50372-7, S. 191 ff. (deutsch: Wappenfibel. Vgl. Kapitel 3.1 Staats-, Landes- und Kommunalwappen [..]).
  7. Hochspringen nach: 7,0 7,1 7,2 7,3 7,4 Neubecker, Ottfried: Heraldik. Wappen - ihr Ursprung, Sinn und Wert. Battenberg Verlag im Weltbild Verlag, Augsburg 1990, ISBN 3-89441-275-5, S. 247 (© EMD-Service für Verleger. Luzern, Schweiz 1990. Deutsche Ausgabe: Genehmigte Lizenausgabe. Titel der amerikanischen Ausgabe: Heraldry. Sources, Symbols and Meaning.).
  8. Hochspringen nach: 8,0 8,1 Buben, Milan: Heraldik. Prag. 1986. S. 120-138.