Wappenschild

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Dieser Artikel behandelt das Wapppenschild; zu Siebmacher-Zitat zum Thema Schild siehe „Schild“; zu Schild als Waffe siehe „Schild (Waffe)“.
Konstitutive Wappenelemente/-begriffe in der Heraldik (Auswahl)
(Anmerkung: nur Anklick-Diagramm; in dieser Form kein „echtes“ Wappen)

Der Wappenschild (auch „der“ heraldische Schild oder kurz „der“ Schild genannt, im Gegensatz zum Straßen-/Hinweisschild männlich (m.), nicht sächlich (n.), Plural: Wappenschilde; von althochdeutsch scilt „Abgespaltenes“; frz.: Écu; engl.: escutcheon) ist in der Heraldik der zentrale bildliche Teil eines Wappens für die Darstellung von Wappenfiguren (im Gegensatz beispielsweise zum Oberwappen, den Schildhaltern und so weiter).

Abgrenzung

Wappenschilde beziehungsweise heraldische Schilde sind

  • in einem allgemeinen, historischen Sinn mittelalterliche, grund­sätzlich als Kampf- und Turnier­schilde nutzbare Schutz­waffen mit bestimmten Bildern; letztere werden durch Bemalung mit Farben oder durch plastische Modellierung und Anbringung verschiedener Ma­te­ria­lien (Stoff, Leder, Pelzwerk, Leinwand, Metall etc.) darauf dargestellt und dienen als ein Kennzeichen des Schildführenden.[1]
Beispiel
1240: Echter Wappen­schild, der grund­sätzlich als Kampf-/Turnier­schild nutz­bar war (im Wappen erscheint ein Bunter Löwe, begleitet vom Ordenswappen des Deutschen Ordens; persönlicher Schild des Landgrafen Konrad von Thüringen)
Schild Konrad von Thueringen 1240.jpg
  • „in einem engeren Sinn eine nach bestimmten Formen gezogene Grenzlinie für ein Feld und seine Bilder“.[1]
Beispiel
  • Links: Grenzlinie für Wappenschild (Illustration);
  • Rechts: Wappenfiguren in einem Wappen­schild, der einem echten Schild nach­gebildet ist.
 
 

„Hieraus folgt einerseits. dass das älteste Wappen auch die älteste Schildesform zeigen müsste, andererseits aber auch, dass es Schildesformen geben könne, welche mit den wirklichen praktisch angewendeten nicht übereinstimmen brauchen, wenn sie aus einer Zeit stammen, in der heraldische nur mehr auf dem Papier in Gebrauch waren.“

Otto Titan von Hefner (1861)[1]

In der deutschsprachig geprägten Wappenkultur sind hauptsächlich drei Schildesformen für Wappenschilde gebräuchlich, die den wirklich praktisch angewendeten Kampf- und Turnierschilden nachempfunden sind:

Hauptartikel Schildform Muster
Dreiecksschild
I-03 Dreieckschild.jpgCoa Illustration Elements Shield Triangle.svg
Halbrunder Schild
I-04 halbrundes Schilde.jpgCoa Illustration Shield Round base.svg
Stechschild/Tartsche I-05 Stechschild.jpgCoa Illustration Shield Targe.svg

Ansicht

Ein Wappenschild wird immer aus Sicht des Trägers, also von hinten, betrachtet, so dass die auf einer Abbildung linke Seite als rechts bezeichnet wird, oft auch als vorne, da der Schild in der linken Hand getragen wurde und diese Seite des Schildes damit dem Gegner zugewandt war.

Funktion

Dieser Schild wird zum Darstellen von Heroldsbildern und gemeinen Figuren benutzt und differenziert sich durch Form, Größe und Farbe und der Einteilung in Feldern. Er ist nur ein Teil eines Wappens. Ihm werden Teile über, unter und neben dem Schild beigeordnet. Diese Teile sind nicht zwingend notwendig, aber beliebt. Es sind das Oberwappen, die Schildhalter und die Prachtstücke.

Stellung

Der Wappenschild wird bevorzugt mit der Mittelachse senkrecht ausgerichtet. Das ist die Regel. In Ausnahmefällen kann der Schild auch geneigt werden. Das ist allgemein nur eine Modeerscheinung. In besonderen Fällen muss die Schrägstellung aber als ein besonderes Merkmal blasoniert werden. Das trifft im Maße bei Ehewappen, genannt auch Allianzwappen, zu. Oft wird der oder die Wappenschild(er) als angelegt, angelehnt oder schräggestellt bezeichnet.

Größe

Die Größe ist nur bedeutend, wenn es um die Abbildung des Wappenschildes, aber insbesondere auf Flächen und Geräte geht. Zum Beispiel sind Pokal, Wappenglas, Wappenscheibe, Wappenteller und auch das sogenannten Wappenporzellan wichtige Zeugnisse der Heraldik und dankbare Werbeträger mit dem Wappenschild. Ansonsten steht die Schildgröße nur im Verhältnis zum Oberwappen und lässt auf die Zeitepoche und Landesherkunft der Darstellung schließen.

Als Basis für die Größe des Schildes selbst wird unter anderem ein Höhe-Breite-Verhältnis von 9:8 angegeben[2]. Dass heißt, unterteilt man den Schild in neun gleich hohe Teile, so entspricht die Breite acht dieser Teil. Beispiel: Ein 90cm hoher Schild müsste 80cm breit sein.

Proportion des Schildes im Wappen

Wappenschild und Oberwappen (Helm, Helmzier usw.) stehen in einem epocheabhängigem Verhältnis. Die Helmmitte wird als Wappenmitte angesehen.

Schild Helm Helmzier Epoche
2 1 1 Frühzeit
6 5 4 Hochgotik
5 4 6 Renaissance
8 3 5 Rokoko
3 2 3 Neuzeit

Form

Die bevorzugte Schildform eines Wappenschildes ist abhängig von Mode, Zeitgeist und der jeweiligen Wappenkultur. Teilweise benennt die Literatur Schildformen mißverständlich nach Regionen, Nationen oder Ländern. Beispielsweise bezeichnet man „spatenblattförmige“ Wappenschilde als Franzosenschilde, bestimmte Renntartschen als slawisch, ungarisch, italienisch oder ähnlich. Derartige Klassifizierungen sind in der Heraldik umstritten oder werden als „grundlos“ kritisiert beziehungsweise abgelehnt:

„Man hat früher die ovalen Schilde italienische, die zugespitzen französische, die Tartschen deutsche, die geradlinigen, unten spitze Schilde englische genannt. Diese Benennungen sind ganz grundlos, indem in ein und derselben Zeit bei allen genannten Nationen ziemlich dieselbe Schildform vorkommt.“

Eduars Freiherr von Sacken: 1893[3]

Die willkürlichen und verschnörkelten Wappenschildformen, die ab dem 16. Jahrhundert beziehungsweise seit der Periode der Renaissance zu finden sind (herzförmige, rand- und rankenverzierte, ornamentale o. ä.), eignen sich nach der Meinung vieler Wappenkundiger nicht gut zur Aufnahme eines Wappenbildes. Von ihrer Verwendung zur Darstellung eines Wappen wird abgeraten. Davon unabhängig sind eigentümliche Formen wie der rautenförmige Damenschild oder der Ovalschild in der Heraldik als Ausnahmen durchaus geduldet; weitere sind zwar in der deutschsprachig geprägten Wappenkultur nicht gebräuchlich, werden aber beispielsweise in der englisch-, französisch- oder anderssprachig geprägten Wappenkultur zur Darstellung eines Wappens verwendet.

Grundformen

Beispiele für verschiedener Schilde

1. Dreieckschild
(manchmal als „Franzosenschild“ beziehungsweise als „alte französische“ oder „romanische“ Schildform bezeichnet.)
2. Rechteck, unten etwas abgerundet und in eine kleine Spitze auslaufend
(manchmal als „moderne französische“ Schildform bezeichnet)
3. Ovale Form
4. Rautenform („Damenschild“)
5. Viereckige Form
6. (Italienisches) „Rossstirnschild“
7. Schweizer Form
8. Englische Form
9. Deutsche Schilde
(„von einigen ausländischen Heraldikern für barocke oder verschnörkelte Schilde verwendeter Begriff. Eine typische deutsche Schildform existierte nicht“[4])
10. Polnische Form
11. Halbrundschild
(um 1380 erstmals in Spanien auftauchend, daher manchmal „Spanische Form“ genannt.)

Formes des Blasons Ecus Coats of Arms.svg

Zeitenabhängige Formen

Schildformen nach Epoche.png
Kite shield shape Normannenschikd, coat of arms.png 11. und 12. Jahrhundert
Als Anpassung an den Reiterkampf mit eingelegter Lanze entwickelte sich der mandelförmige Schild („Normannenschild“). Er sollte die dem Gegner zugekehrte Seite des Ritters schützen.
HerbTarczaPL XIIIa.svg HerbTarczaPL XIIIb.svg 12. und 13. Jahrhundert
Die obere Rundung des Schildes wurde abgeflacht. Er hatte nun die Form eines auf die Spitze gestellten Dreiecks (gotische Form). Grund dafür dürfte der Topfhelm gewesen sein, der einen besseren Gesichtsschutz gewährte.
HerbTarczaPL XIV.svg HerbTarczaPL XVa.svg HerbTarczaPL XVb.svg 13. bis 15. Jahrhunderts
Die Schilde wurden kleiner und die Spitze verkürzte sich, so dass die Seiten nun eine starke Biegung aufweisen. Ursache dafür ist die weiter entwickelte Körperpanzerung, die den Schild zunehmend überflüssig machten, so dass er um 1375 als Schutzwaffe der Reiters überflüssig war.
Spanish shape, coat of arms.png Während des 13. Jahrhunderts bildete sich in Spanien eine Sonderform mit einer halbkreisförmig abgerundeten Spitze heraus, die einem U ähnelt. Diese spanische Form ermöglicht eine besonders gute Raumaufteilung bei der Gestaltung.
HerbTarczaPL XVc.svg HerbTarczaPL XVd.svg 14. und 15. Jahrhundert
Als Turnierschild kam die rechteckige Tartsche auf, mit einem tiefen Ausschnitt, der Speerruhe, an der rechten Seite.
HerbTarczaPL XVe.svg 15. Jahrhundert
Die Tartsche kam durch Auszackung und Rollung der Ränder ein Aussehen, das später die Kartuschen des Barock und Rokoko beeinflusste.
HerbTarczaPL XVIa.svg HerbTarczaPL XVIb.svg 16. Jahrhundert
Der Renaissance-Rundschild, der in Anlehnung an Schilde der Antike wiedereingeführt wurde, hatte keine Auswirkung auf die Heraldik.
Italian Escutcheon.svg Der Rossstirnschild ist eine Schildform, die dem Stirn- oder Kopfschutz eines Pferdes nachgeahmt ist. Er tritt nur in der italienischen Heraldik auf, beispielsweise im Wappenschild der Medici.
Coa Illustration Shield Lozenge.svg Der Rautenschild für Frauen wurde nach den Autoren des Handbuchs der Heraldik angeblich „erfunden, weil es den Herolden ungehörig erschien, dass eine Frau einen Kriegs- oder Turnierschild führe.“[5] Er wird vor allem in der englischen Heraldik gebraucht.

Weitere Wappenschildformen

  • In der Neuzeit ist für afrikanische Wappen der spitzovale Massai-Schild, nach dem Volk der MassaiW-Logo.png benannt, für viele Wappen in Afrika in Gebrauch gekommen. Beispiele sind die Wappen von KeniaW-Logo.png, UgandaW-Logo.png und TansaniaW-Logo.png.
Bragesjo02.jpg

Tappert als Schild
Ein experimenteller Neuaufriß des Wappens von Herrn Tomas Bragesjö, Eskilstuna (Schweden), von Jochen Wilke. Wilke hatte als Vorgabe, der Aufriß des Wappens sollte schwedischW-Logo.png helknäppt ‚durchgeknallt‘ sein. Bei der Erstellung des Aufrisses hatte er dann einen Wappenrock im Sinne, der anstelle eines Schildes treten sollte.

  • Wappen T. Bragesjö: Im Wellenschnitt geteilt von Rot, darin zwei goldene Pokale und Gold, darin eine rote Krone. Auf rot-goldenem Wulst ein silberner Schlitten, darauf eine goldene Korngarbe. Helmdecken rot-golden.

Farbe

Die Farbgebung folgt den heraldischen Grundsätzen und wird als Tingierung bezeichnet. Die Farbe wird real color oder aber durch schwarz/weiß ausgeführte Schraffuren und Punktierungen in besonderen Fällen ausgeführt. In den Anfängen waren es in die Figuren und Felder geschriebenen Abkürzungen der Farbe, oft unter Nutzung der latein. Bezeichnung.

Aufteilung des Schildes

719-fach geteiltes Wappen der Familie Temple-Nugent-Brydges-
Chandos-Grenville

Durch Teilung und/oder Spaltung wird der Schild in Felder geteilt, die gemäß Vereinbarung einen speziellen Namen tragen und so für die Blasonierung eine wichtige Rolle übernehmen. Zur Teilung und Spaltung in Heroldsbild werden auch die Wappenschnitte, die Ausformungen der Trennlinien, gerechnet.

Prinzipiell ist der Schild in 9 Positionen, die Gevierte, geteilt, mit dem Herz in der Mitte – ein kleiner Schild an dieser Stelle heißt Herzschild − und speziellen Namen für die verschiedenen Bereiche. Die Schildteilung folgt bei einfachen Heroldsbildern diesen Linien. Einpfropfung nennt man einen mittig zwischen die unteren Feldern eingeschobenen Zwickel oder eine Spitze (meist für später hinzugefügte Wappen).

Numbered points of a coat of arms.svg Teilung in neun Felder
Swiss Size11-coat of arms.svg Teilung in vier Felder (Vierung) mit Herzschild
Swiss Size04-coat of arms.svg Schrägteilung von links (oben rechts nach unten links wäre der Normalfall, der nicht blasoniert wird)
Wappen Zimmern unter der Burg.svg Spitzenschnitt

Schild in Schild

In der Heraldik werden auf dem Hauptschild kleinere Wappenschilde aufgelegt, um bestimmte Ehrungen oder Aussagen zu erreichen. Sind andere Schilde aufgelegt, wird der Hauptschild auch als Rückenschild bezeichnet. Von den Möglichkeiten werden folgende genutzt:

  • Darstellung des Wappenschildes, dem Hauptschild.
  • Hauptschild ist mit einem Mittelschild belegt
    • zusätzlich kann der Mittelschild mit dem Herzschild belegt werden
  • Der Hauptschild zeigt eine in pfahlweiser Anordnung drei kleiner Schilde, dann sind diese zu benennen mit
    • Gnadenschild oder Ehrenschild am Schildhaupt
    • Herzschild für die Wappenmittelstellung und
    • Nabelschild für das im Schildfuß gestellte Wappenschildchen. Der Schild liegt auf der Nabelstelle.
  • Eine andere Möglichkeit ist die Darstellung von Schildlein im Hauptschild
    • entweder in der Wappenmitte von einem oder
    • in unterschiedlicher Anzahl über das Hauptschild in geordneter Stellung gestellt.

Blasonierung des Schildes

Falls mehrere Motive vorhanden sind, werden sie in der Blasonierung von rechts (aus Sicht des Trägers) nach links und von oben nach unten beschrieben, so dass die Position nicht mehr angegeben werden muss. Tierfiguren werden meistens nach vorne/rechts blickend dargestellt, so dass die Richtung nur im anderen Fall angegeben wird.

Siehe auch

Weblinks

Commons: Heraldische Schilde – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Commons: Schildteilungen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Literatur

siehe Literatur des Artikels Heraldik

Einzelnachweise

  1. Hochspringen nach: 1,0 1,1 1,2 Hefner, Otto Titan von: Handbuch der theoretischen und praktischen Heraldik. Weißenburg, Nordgau. 1861. S. 49 ff.
  2. Vorgabe von Prof. Hußmann (1979) aus der Wappenfibel des Herold Berlin.
  3. Sacken, Eduard Freiherr von: Katechismus der Heraldik. Grundzüge der Wappenkunde. Leipzig. 1893. S. 11.
  4. Oswald, Gert: Lexikon der Heraldik. Mannheim, Wien, Zürich. 1984. S. 97.
  5. Herold, Verein für Heraldik (Hrsg.): Wappen. Handbuch der Heraldik. Als „Wappenfibel“ begründet von Adolf Matthias Hildebrandt, zuletzt weitergeführt von Jürgen Arndt, bearbeitet von Ludwig Biewer und Eckart Henning. Aktualisierte und neugestaltete Auflage. 20. Auflage. Böhlau Verlag GmbH & Cie., Köln, Weimar, Wien 2017, ISBN 978-3-412-50372-7, S. 91 ff. (deutsch: Wappenfibel.).



Muster-Wappenschild-Info.png

Dieser Artikel basiert auf dem Beitrag „Wappenschild“ aus der freien Enzyklopädie Wikipedia in der Version vom 17. April 2010 (Permanentlink: [1]). Der Originaltext steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation bzw. unter CC-by-sa 3.0 oder einer adäquaten neueren Lizenz. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Autoren verfügbar.