Antilope (Wappentier)
Das Wappentier Antilope (französisch antilope [héraldique]; englisch antelope [heraldic]) ist in der Heraldik eine gemeine Figur, die in zwei Ausprägungen erscheint, die jeweils weitere „Unterarten“ besitzen:
- (Heraldische/gemeine) Antilopen (auch Antelopen oder Antalopen bezeichnet) sind stilisierte Darstellungen von Fabelwesen.
- Natürliche Antilopen sind stilisierte oder naturalistische Darstellungen der nicht näher miteinander verwandten Arten der Hornträger (Bovidae
). Die natürlichen Antilopen sind in der älteren Heraldik nicht gebräuchlich. Soll eine natürliche Antilope im Wappen erscheinen, ist dies zu melden (gegebenenfalls unter Angabe der spezifischen Art); unterbleibt die Spezifizierung im Blason, ist eine heraldische Antilope darzustellen.
Etymologie
Der Ausdruck „Antilope“ leitet sich ab von dem mittelalterlichen lat ant(h)alopus, das aus der byzantinisch-griechischen Sprache bzw. aus dem Wort άνθόλοψ, anthólops entstanden ist. Die erste Bestätigung des Wortes finden wir bei Eustathios von Antiochia (lebte um 320 herum). Im Englischen etablierte sich das Wort antelope erst um 1417 und ist dort abgeleitet aus dem alt-französischen antelop. Möglicherweise wurde das Wort aus dem Griechischen anthos (Blume) and ops (Auge) gebildet (im Sinne von „Tier mit schönen Augen“). Die letztgenannte Ableitung findet man jedoch eher bei späteren Interpretationen des Volksmunds, als das sie wissenschaftlich fundiert wäre. Im heutigen Sinne (nämlich als Sammelbezeichnung für bestimmte Tierarten) wird das Wort erst seit der frühen Neuzeit
gebraucht.
Darstellung
(Heraldische) Antilope
Nach Eustathios von Antiochia und antiken und mittelalterlichen Bestiarien stellt die Antilope ein Wesen dar, das an den Ufern des Euphrat lebt, sehr wild und schwer zu fangen ist. Es besitzt lange Hörner, die scharf wie Sägen sind und die Antilope in die Lage versetzen, Bäume zu fällen[1]. Angeblich kann man das Tier nur dann zur Strecke bringen, wenn es mit seinen langen Hörnern im Unterholz steckenbleibt.
„Die heraldische Antilope der englischen Heraldik stammt angeblich von der »Antalope« mittelalterlicher Bestiarien ab. Diese soll von ungeheurer Schnelligkeit gewesen sein und konnte mit ihren sägeartig gezackten Hörnern die stärksten Bäume umsägen (..)“
Typisch für die Darstellung der heraldischen Antilope sind lange gerade Hörner, die wie ein Sägeblatt gezahnt sind. Sie erscheint mit einem hirschartigen, schmalen Körper. Der Körper ist oft buschig behaart, wobei die fellartige Behaarung manchmal in einer abweichenden heraldischen Tinktur hervorgehoben wird. Die Nase der heraldischen Antilope ist oft bewehrt, das heißt, sie besitzt einen zahnartigen Fortsatz (vergleichbar einem nach unten ausgerichteten kleinen Stoßzahn). Der Kopf insgesamt wird drachenartig dargestellt, meist mit einem kleinen Bart am Unterkiefer.
„Antilope, f. (Her.): die heraldische Antilope hat den Rumpf eines Fohlens, zwei gerade Hörner, einen kurzen Höcker an der Nase, Haarbüschel an Hals, Brust und Schweif, welch' letzterer dem des Löwen gleicht.“
„Die heraldische Antilope (frz.: antilope héraldique: Fabeltier nur in Englischen Wappen, die Hörner grad, Kopf wie Drache, Leib wie Hirsch, Schweif hoch.“
„Die Antilope ähnelt in der Darstellung dem Panther (..)“
Das Fabelwesen Antilope eroberte im Mittelalter die Heraldik. Als Wappentier zierte es das Siegel der englischen Könige Heinrich IV., V. und VI.
. Nach Carl Alexander von Volborth erscheint eine „Antilope mit Hauern“ als Bannerhalter von Edward (Stafford) Duke of Buckingham:
„(..) Eine solche Antilope mit Hauern wie ein Keiler erscheint zur Zeit Heinrichs VIII. als Bannerhalter von Edward (Stafford) Duke of Buckingham.“
- Heraldische Antilope
1909: Stehend (nach Arthur Charles Fox-Davies)
1909: Schreitend (nach Arthur Charles Fox-Davies)
Varianten
Zur heraldischen Antilope zählen verschiedene Unterarten oder Abweichungen von der zuvor genannten Darstellung. Alle Abweichungen sind exakt zu melden, um Verwechslungen zu vermeiden.
- Ein Fabelwesen mit dem Kopf einer heraldischen Antilope und einem Löwenkörper wird bei manchen Heraldikern (Elvin) Ibex genannt.
- Ein Fabelwesen mit der Statur einer heraldischen Antilope, bestreut mit goldenen Kugeln, mit zwei wildschweinartigen Hauern, mit oder langen geraden oder großen, gebogenen, steinbockartigen Hörnern wird bei manchen Heraldikern Yale genannt.
- Bei manchen heraldischen Antilopen erscheint statt einem Stoßzahn an der Nase zwei wildschweinartige Hauer (vgl. die Bannerhalter von Edward Stafford Duke of Buckingham). Dieses Wesen läßt sich im Grunde auch als Yale mit Antilopengeweih und ohne Bestreuung mit goldenen Kugeln bezeichnen.
- Bei manchen heraldischen Antilopen erscheinen statt der Hirschbeine Krallenfüße. In diesem Fall besitzt das Fabelwesen statt der langen geraden Sägehörner an den Spitzen gekrümmte, gemsenartige Hörner (vgl. Bilddevise Sir John Beauchamp).
1889: Schreitender Ibex (nach Charles Norton Elvin)
(Heraldische) Antilope als Schildhalter
Die heraldische Antilope erscheint in zahlreichen Wappen als Schildhalter
„Die Antilope (..) dient im englischen Wappenwesen vorwiegend als Schildhalter.“
Bordeaux
(Schildhaupt neueres Frankreich)
Wappenbilderordnung
- Die heraldische Antilope wurde in die Wappenbilderordnung (WBO) des Herold (Verein) unter der Nr. 6512 aufgenommen.
Natürliche Antilope
Natürliche Antilope ist in der Heraldik eine Sammelbezeichnung für mehrere, nicht näher miteinander verwandten Arten der Hornträger (Bovidae). Grundsätzlich ist zu melden, welche spezifische natürliche Antilope in einem Wappen dargestellt werden soll. Wird nur "natürliche Antilope" gemeldet, ist es dem Wappenkünstler freigestellt, welche Antilopenart er aufreißt.
Von der naturalistischen Darstellung bis zur stilisierten Verwendung wird natürlichen Antilopen bevorzugt aufrechtstehend und mit besonders hervorgehobenen Hörnern und Hufen im Wappenschild wie auch als Schildhalter dargestellt. Die stilisierte Darstellung nimmt in der Neuzeit merklich ab und durch die Verwendung der natürlichen Farbe ist ein Stilbruch in der Heraldik nicht vermeidbar.
Natürliche Antilopen als Schildhalter
Natürliche Antilopen werden häufig als Schildhalter verwendet (beispielsweise im historischen Wappen der Kapkolonie).
Oryxantilope
und Kudu
Antilopengeweih
Manchmal findet sich ein sogenanntes Antilopengeweih (genauer: ein Paar Antilopenhörner) in einem Wappen, bestehend aus zwei langen geraden oder mehr oder weniger gekrümmten Antilopenhörnern, die gewöhnlich wie ein Sägeblatt gezahnt sind, aber auch ohne Zahnung erscheinen.[6] Sind sie unten mit einem Teil einer ornamentierten Hirnschale, dem Grind, verbunden, sollte dies gemeldet werden. Gewöhnlich werden bei einem „Antilopengeweih“ die Anzahl und die Form der gezahnten Enden nicht angegeben, sondern obliegen in einem Wappenaufriss der künstlerischen Freiheit.
Verbreitung
Heraldische Antilopen sind besonders im englischen, natürliche im afrikanischen Wappenwesen verbreitet (dort oft in der Heraldik der ehemaligen englischen Kolonien).
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Vgl. zum Beispiel: "Antelope". Dictionary.com. Online Etymology Dictionary. Douglas Harper, Historian. Accessed 1 September 2008.
- ↑ Hochspringen nach: 2,0 2,1 Carl Alexander von Volborth: Fabelwesen der Heraldik. in Familien- und Städtwappen. Belser AG für Verlagsgeschäfte & Co. KG, Stuttgart, Zürich 1996, ISBN 3-7630-2329-1, S. 117 f.
- ↑ Hermann Alexander Müller
; Oskar Mothes
: Illustrirtes Archäologisches Wörterbuch der Kunst des germanischen Alterthums, des Mittelalters und der Renaissance, sowie mit den bildenden Künsten in Verbindung stehenden Ikonographie, Kostümkunde, Waffenkunde, Baukunde, Geräthkunde, Heraldik und Epigraphik (..). Erste Abteilung. A–H, Band 1. Buchhandlung Otto Spamer, Leipzig/Berlin 1877, S. 63. (Google)
- ↑ J. Siebmacher's grosses und allgemeines Wappenbuch, Einleitungsband, Abteilung B: Grundsätze der Wappenkunst verbunden mit einem Handbuch der heraldischen Terminologie ( M. Gritzner). Nürnberg: Bauer & Raspe, 1889.
- ↑ Hochspringen nach: 5,0 5,1 Walter Leonhard: Das grosse Buch der Wappenkunst. Entwicklung, Elemente, Bildmotive, Gestaltung. Callway, München 1978, ISBN 3-8289-0768-7, S. 242 (Genehmigte Lizenzausgabe für Weltbild Verlag GmbH: Bechtermünz, Augsburg 2000).
- ↑ J. Siebmacher's grosses und allgemeines Wappenbuch, Einleitungsband, Abteilung B: Grundsätze der Wappenkunst verbunden mit einem Handbuch der heraldischen Terminologie (Maximilian Gritzner). Nürnberg: Bauer & Raspe, 1889/1890. S. 156 f. Tafel 32. Figur 22. Reprint on Demand. Universtitäts- und Landesbibliothek Tirol. 2009. ISBN 3-226-00671-1.