Wagenkipf (Heraldik)

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Runge/Wagenrunge
 
Erntewagen im Vertikalschnitt, gelb eingefärbt bzw. c: Rungen, „das heißt (vier) kurze Streben, welche (hinter den Rädern) in dem hinteren und vorderen Achsschemel (schräg) verzapft sind.“[1] Die Wagenrungen dienen seitlichen Wagenleitern oder Wagenwänden als Halt.
 
In Rot 2 silberne Wagenrungen mitsamt Querholz und Schlossnagel (sprechendes Wappen Runge von Schildau, 1843)

Die Ausdrücke Wagenkipf oder Wageneppel (auch Wagenspreet oder nur Kipf bzw. Eppel u. a.; französisch barre de gouvernail; englisch carriage support) und Wagenrunge[2] (englisch carriage stanchion) bezeichnen in der Heraldik eine gemeine Figur, die sowohl in Familienwappen als auch in der kommunalen Heraldik selten geführt wird.

Wortgeschichte

Wie viele Wagenbauteile (insbesondere bei den bäuerlichen Leiter- und AckerwagenW-Logo.png) haben die unterschiedlichen Bauformen in den diversen Dialekten und Mundarten verschiedene Namen, die sich in ihrer Anwendung überschneiden. In neuerer Zeit werden diese von genormten Handelsnamen überlagert. Sprachlich zeigen die Bedeutungen der realen Bauteile (Wagenkipf, Wageneppel, Wagenspreet und so weiter) starke Schwankungen. Das Grimmsche Wörterbuch und andere Quellen kennen darüber hinaus die Gleichsetzung von Wagenkipf und Wagenrunge.

wagenkipfe, f. österreichischer ausdruck für wagenrunge ...“

Jacob Grimm und Wilhelm Grimm[3]

Darstellung

Wagenkipf (zwei Wagenrungen mit Querholz)

Für den Wagenkipf existieren in der Heraldik unterschiedliche grafische Formen. Zumeist erscheint das Motiv als waagrechtes Holz, durch dessen Mitte abwärts ein grosser breitkopfiger Nagel oder ein Rundholz geht und an dessen Enden zwei senkrechte Holzfortsätze oder Holzstützen (das sind die sogenannten „Wagenrungen/Rungen“) sitzen. Einerseits mutet das Motiv wie eine Gabel mit zwei nach außen gezogenen Zinken an, andererseits wirkt es wie ein starkes Halteholz, an dessen Enden die nach oben zeigenden zwei RungenW-Logo.png schrägsenkrecht eingesteckt sind (wobei diese Stützen in manchen Wappenaufrissen durch das Querholz hindurch gehen, in anderen nicht).

Runge ohne Querholz

1916: Golden-gefaßte rote Wagenrungen mit abhängender goldener Kette (ohne Querholz und ohne Nagel; Wappen Runge, Berlin; nach Seyler)

Gewöhnlich werden im Wappen zwei Wagenrungen mitsamt Querholz und Schlossnagel dargestellt. Es kommt jedoch auch vor, dass Rungen ohne Querholz in einem Wappen erscheinen (gewöhnlich paarweise, womöglich aber auch als solitäre Wappenfigur).

Abgrenzung

Die Ausdrücke Wagenkipf/Kipf, Wageneppel/Eppel und Wagenrunge/Runge werden in Wappenbeschreibungen und in den Standardwerken der heraldischen Literatur nicht einheitlich und konsistent verwendet und mit unterschiedlichen Figurendarstellungen verknüpft. Beispielsweise wird in der Wappenbilderordnung des Herold (Verein) irreführend unter der Nr. 8631 die Abbildung ein „Waggenrunge“ gezeigt, die komplett anders aussieht als das „Wagenkipf/Wagenspreet“ unter der Nr. 8626.

Maximilian Gritzner 1889 grenzt die Ausdrücke „Wagenkipf“ und „Wagensprit“ irreführend folgendermaßen voneinander ab:

 
Wagenkipf
Ausprägung A
(WBO-Nr. 8626)
 
Wagenkipf
Ausprägung B

Wagenkipf (Tafel 29, Figur 92.), (auch Wagen-Eppel) und in etwas anderer Form auch Figur 93. ist dasjenige Stück des Wagen-Oberbaues, welches auf der Vorderachse sitzt und die Drehung der Deichsel ermöglicht.“

Siebmacher/Gritzner (1889)[8]

Wagenspri(e)t

Wagensprit (Tafel 29. Figur 94.): Eine oft sehr verkannte Figur ist das Wagensprit, d. h. der die beiden Leiterbäume verbindende, oben mit einem Einschnitt für die Wagenkette (zum Zusammenhalten der Ersteren) bestimmte, über der Hinterachse befindliche Wagenobertheil. Gewöhnlich ist das Wagensprit durch einen oder mehrere Ringe zusammengehalten (..)“

Siebmacher/Gritzner (1889)[8]

Wappenbilderordnung

Einzelnachweise

  1. Emil Perels: Handbuch des landwirthschaftlichen Transportwesens. Jena, 1882. S. 135. Figur 76. (Google)
  2. „Wagenrunge: Stütze, die den Wagenoberteil hält“. So in: Gert Oswald: Lexikon der Heraldik. (Von Apfelkreuz bis Zwillingsbalken). 3., unveränderte Auflage. Battenberg, Regenstauf 2011, ISBN 978-3-86646-077-5, S. 412.
  3. Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm. Bd. 27. Sp. 456 bis 458.
  4. „Wappengeschichte: Der Wagenkipf, die so genannte Runge, ergibt ein für Kipfenberg redendes Bild. Das Wappen geht zurück auf die Familie Kropf, die den Wagenkipf im Schild führten. Die Kropf werden mit ihrem Stammsitz in Emetzheim bei Weißenburg 1187 erstmals genannt. Sie gehörten zu den Hirschberger Ministerialen und saßen im 13. Jahrhundert auf der Burg über Kipfenberg. Eine Linie der Kropf nannte sich seit 1277 nach Kipfenberg und führte den für den Namen redenden "Kipf" im Wappen. Konrad Kropf verkaufte Kipfenberg 1301 an das Hochstift Eichstätt; der Ort wurde Mittelpunkt eines Amtes. Das Wappen der Kropf wurde um 1400 als Marktsiegel übernommen (Abdrucke seit 1415) und blieb bis heute unverändert.“
    Quelle: Internetseite Bayers Gemeinden Bayerisches Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst. Aufgerufen am 04.01.2011.
  5. Blason: „In Rot ein silberner Wagenkipf, darüber eine goldene Mitra.“ Bedeutung: Die goldene Mitra lehnt sich an das im 8. Jahrhundert existierende Staffelseebistum an, der Wagenkipf erinnert an das Wappen der Familie derer von Tabertshofer, deren Stammsitz einem zur Gemeinde Uffing gehörenden Weiler vermutet wird.
  6. Blason: „Über grünem Dreiberg in Rot ein goldener Sparren, dem ein silberner Wagenkipf aufgelegt ist.“ Bedeutung: Das Wappen lehnt sich an das Wappen der Familie Tabershofer (Dreiberg und Wagenkipf) an. Die Tabershofer sind von 1470 bis 1640 als Besitzer von Untereglfing belegt. Der Sparren erinnert an das Wappen der Familie Abenberger aus Obereglfing.
  7. Wappenbeschreibung: „In Schwarz über goldenem Dreiberg ein goldener Wagenkipf, zwischen dessen Rungen ein goldener Ring.“
  8. Hochspringen nach: 8,0 8,1 J. Siebmacher's grosses und allgemeines Wappenbuch, Einleitungsband, Abteilung B: Grundsätze der Wappenkunst verbunden mit einem Handbuch der heraldischen Terminologie ( M. Gritzner). Nürnberg: Bauer & Raspe, 1889. S. 141. Tafel 29. Figuren 92. bis 94.