Wagenflechte (Heraldik)

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Ungarischer Bauernwagen mit Wagenflechte
 
Korbartige Wagenflechte (=Wagenkorb)

Die Wagenflechte (engl.: fleak for a waggon; hurdle for a waggon) ist ein Geflecht, das gewöhnlich aus Weiden besteht und zum Beispiel zwischen die Leitern eines Pferdewagens gesetzt wird. Die Wagenflechte kann in zwei Ausprägungen[1] im Wappenwesen als gemeine Figur erscheinen:

  • als gemeine, korbartige Wagenflechte (beziehungsweise als Wagenkorb)
  • als Kombination von mehreren geflochtene Hurten/Hürden/Flechtwerkwänden

Neben der vollständigen Wagenflechte ist die Wagenflechtenlattentür eine gemeine Figur im Wappenwesen.

Wagenflechte/Wagenkorb

Die „gemeine Wagenflechte“ ist ein dreiseitig geschlossenes, wäschekorbartiges Geflecht, das meist nicht fest mit dem Pferdewagen verbunden beziehungsweise abnehmbar ist. Teilweise legt man gegeneinander hinten und vorne je ein Wagenflechte in das Fuhrwerk ein, um einen Laderaum eines Wagens komplett einzufassen, teilweise schloss ein verschließbarer Vorkorb für Nahrungsmittel die Wagenflechte ab. Wagenflechten dienten nicht nur dem Transport von Gütern, sondern wurden bei längeren Fahrten zuweilen als Schlaffläche genutzt.

Hurte/Hürde

 
Ponywagen mit geflochtenen Wänden
 
Pferdewagen, seitlich mit Hurten
Leiterwagen ohne Wagenflechte

Der Ausdruck Wagenflechte wird gelegentlich im Zusammenhang mit Pferdewagen verwendet, die seitlich und an der Hinterseite mit Hurten (auch Hürden; engl.: hurdle; „geflochtene Wänden/Flechtwerkwänden“) verflochten sind und zusammen einen Laderaum einfassen. Im Gegensatz zu den abnehmbaren Wagenkörben sind die Hurten/Flechtwerkwände meist fest mit dem Pferdewagen verbunden (an der Hinterseite oft im Halbrund).

Wagenflechtenlattentür

 
Wappen Haxthausen
 
Pferdewagen mit Wagenflechte und goldener Wagenflechtenlattentür
Wappen derer von HaxthausenW-Logo.png (nach Otto Hupp, 1926)

In der heraldischen Literatur wird das Wappenmotiv im Stammwappen der von HaxthausenW-Logo.png mit zahllosen mißverständlichen Namen in Verbindung gebracht (Gatter, Flachsmaß, Brettertür, Zauntor und ähnliches). Sogar als „Wagenflechte“ wurde das Motiv irrtümlich angesprochen, obwohl die Figur ganz und gar ohne Flechtarbeit erscheint:

„Das Objekt wird nie mit Scharnieren oder Griffen dargestellt, deshalb ist die Interpretation als Wagenflechte plausibel. Das ist ein Schutz, der nach Bedarf seitlich hinter die Seitenkonstruktion eines Wagens gesteckt wurde, um das Herabfallen kleinteiliger oder hoch aufgetürmter Ladung zu verhindern oder die Verunreinigung des Wageninhaltes mit hochspritzendem Schlamm. Insbesondere wird diese Interpretation dadurch gestützt, daß die Herren von Haxthausen aus den Herren von Vlechten hervorgegangen sind, die bereits im Jahre 1173 mit Alexander de Fleghten erwähnt werden und das gleiche Wappen führten, das ein redendes sein könnte.“

Bernhard Peter (2008)[2]
Pferdewagen, bei dem geflochtene Wände den Laderaum einfassen, inkl. seitlicher Öffnung

Solche Interpretationen vernachlässigen, dass jede bekannte Wagenflechte nicht im Entferntesten wie eine Reihe parallel nebeneinander gelegter, horizontal und diagonal verstrebter Bretter aussieht.

„Das alte Wappen dieses vornehmen Hauses ist ein rothes Schild, in dem eine aus zwei Brettern zusammengefügte weisse Thüre, mit drei Leisten in Form eines lateinischen Z.“

Leopold von Zedlitz-Neukirch (1839)[3]

Es macht wenig Sinn, die Figur im Haxthausen-Stammwappen als „Wagenflechte“ zu bezeichnen, wenn sie gar keine Flechtarbeit ist. Folgerichtiger ist es, das Motiv nicht mit der ganzen Wagenflechte, sondern mit der „Tür“ oder dem „Gatter“ beziehungsweise der „Lattentür“ einer Wagenflechte gleichzusetzen:

V. Haxthvsen. Ein roter Schild / die Thuͤr oder Gatter darinn weiß (..)“

Alter Siebmacher (1605-09)[4]

„H. v. Haxthausen (..) In roth eine weisse schräglinks gestellte Lattenthür, oben, unten und schräg rechts mit angenagelten Stücken zusammengehalten (..)“

Christian Samuel Theodor Bernd (1835)[5]

Bei Pferdewagen mit Wagenflechte kann sich beispielsweise eine Wagenflechtenlattentür in der Mitte einer der beiden seitlichen Hurten befinden, um Ladung wie Kohlen, Kartoffeln, Kohl oder ähnliches bei Bedarf bequem aus dem Laderaum herauszulassen. Entsprechende Abbildungen von Pferdewagen mit geflochtenen Seitenwänden und einer Wagenflechtenlattentür belegen, dass diese genauso wie das überlieferte Haxthausen-Wappenmotiv aussehen.[6] Eine Wagenflechtenlattentür kann nach dem Prinzip pars pro totoW-Logo.png redend für das Wappen deren von Vlechten/Fleghten stehen, die das gleiche Motiv wie die von Haxthausen im Wappen führen.

Benne/Krätze

Die Bezeichnung Wagenkorb/Wagenflechte wird in manchen Gebieten synonym zu den Ausdrücken Benne, Krätze/Kränzn, Greinzn oder ähnlichen Namen von Fuhrwerken, PferdewagenW-Logo.png und PferdekarrenW-Logo.png verwendet, insbesondere wenn diese mit einer Hurten-Einfassung als Laderaum konstruiert sind.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Blason ville fr Garidech (Haute-Garonne).svg Lemma Wagenflechte. In: Jacob Grimm, Wilhelm Grimm: Deutsches Wörterbuch, Leipzig 1854-1960 (woerterbuchnetz.de).
  2. Show-handle-HW.png Bernhard Peter: Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 790.. Im Banne der Weser-Renaissance: Thienhausen. Internet: www.welt-der-wappen.de (früher: www.dr-bernhard-peter.de). Abgerufen: 10. August 2014.
  3. Zedlitz-Neukirch, Leopold von: Neues preußisches Adelslexicon oder genealogische und diplomatische Nachrichten von den in der preussischen Monarchie ansässigen oder zu derselben in Beziehung stehenden fürstlichen, gräflichen, freiherrlichen und adeligen Häusern mit der Angabe ihrer Abstammung, ihres Besitzthums, ihres Wappens und der aus ihnen hervorgegangenen Civil- und Militärpersonen, Helden, Gelehrten und Künstler: Supplement-Band. 1839.
  4. Johann Siebmacher: New Wapenbuch : Darinnen deß H. Röm. Reichs Teutscher Nation hoher Potentaten Fürsten, Herren, und Adelspersonen auch anderer Ständt und Stätte Wapen ... beneben ihrer Schilt und Helmkleinoten, Nürnberg, 1605-1609. S. 186 (urn:nbn:de:urmel-876d0c57-c5dd-4e46-bc18-de4db6c45eaa3-00006345-2928)
  5. Bernd, Christian Samuel Theodor: Wappenbuch der preussischen Rhein-Provinz: Mit Beschreibung der Wappen. Beschreibung der im Wappenbuche der Preussischen Rheinprovinz gelieferten Wappen nebst einer Farbtafel. Band 2. 1835.
  6. Vgl. zum Beispiel: Ast, Hiltrud; Winner Georg: Holz-Geflechte: Historische Holzverwendung und Waldnutzung in der Schneebergregion -- Flechtwerk und Zäune. Internet. Abgerufen: 10. August 2014. Seite 6, Abbildung 9.