Uttenschwalbe

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um 1460: Uttenschwalbe
(Wappen Cloßner von Stubeperg nach Berliner Wappenbuch)

Uttenschwalbe (auch Utenschwalb, Uttenschwalb, Unschwalbe selten oder gar nicht Utterschwalbe) ist im Wappenwesen ein mehrdeutiger, mißverständlicher und unpassender Vogelname, der im Laufe der Zeit mehreren Wappenvögeln oder gemeinen Figuren zugeordnet wurde („zum Beispiel durch fehlerhafte Zuordnung, Fehlbestimmung, regionale Variabilität, Austausch zwischen Dialekten und Schriftsprache und Verschiebung der Bedeutung“[1]).

Etymologie

Hugo SuolahtiW-Logo en.png und das Deutsche Wörterbuch vermuten, dass althochdeutsch utinswal in Beziehung gesetzt werden kann zum (süd)schwedischen volkstümlichen Namen odensvala (=„Schwalbe des Odins“), womit der Schwarzstorch als ein Begleiter Odins gemeint sein könnte.[2]

Darstellung

Die gemeine Figur Uttenschwalbe erscheint gewöhnlich und in einem weiten Sinn als schwarzer Vogel mit roter Bewehrung (Beine, Schnabel). Im 16. Jahrhundert wird der Vogel teilweise ohne rotem Fleck an der Brust beschrieben (nach Conrad GesnerW-Logo.png), teilweise mit einem solchen (nach Wiguleus HundW-Logo.png). Letzteres ist, falls bei eine Wappenfigur vorhanden, ein besonderes Merkmal und sollte gemeldet werden. Je nachdem, welchem vermeintlichen natürlichen Vorbild das Wappenmotiv „Uttenschwalbe“ nachempfunden ist (beispielsweise einem Schwarzstorch, einem Schwan [mit schwarzem Gefieder], einem Kormoran oder einem anderem Vogel), sollte die Darstellung des Motivs im Wappen entsprechend der jeweiligen speziellen heraldischen Regeln aufgerissen werden. Die genaue Ausprägung sollte in der Wappenbeschreibung stets angezeigt werden.

Uttenschwalbe (Schwarzstorch)

Conrad Gesner verwendet in seinem Werk „De avium natura“ (1555/1585) den Ausdruck „Uttenschwalbe“ für den Schwarzstorch (ciconia nigra)W-Logo.png:

„Ein anderer wiederum erzählte mir, am Hof des Kurfürsten von Bayern werde ein Vogel namens „Utenschwalb“ gehalten, von der Größe und dem langen, spitzen Schnabel eines Reihers, mit einen vielleicht etwas kürzeren Hals, von weißer und schwarzer Farbe, mit hohen roten Beinen, einem mäßig mit gesträubten Federn versehenen Scheitel wie die Tauben, der fast alles verzehrt, was aus der Küche weggeworfen wird an Innereien von Vierfüßern und Fischen etc.“ (..) „Wir (die Zürcher) nennen ihn „ciconia nigra“, „ein schwartzer Storck“ (..) Er unterscheidet sich in Gestalt und Größe nicht von den eigentlichen (Weiß)störchen (..)“

Gessner (1585): 218: 54–59; 274: 3–8: zitiert nach: Katharina Springer (2007)[1]

Die Beschreibung der Utenschwalbe von Gesner deckt sich weitgehend mit den älteren, heraldisch stilisierten Darstellungen des Vogels im Wappen der Familie von ClosenW-Logo.png im Wernigeroder (1486-1492) und im Scheiblerschen Wappenbuch (1450–1480). Allerdings erscheinen die Wappenfiguren dort ohne weiße Federn, die sich beim natürlichen Schwarzstorch an Brust, Bauch, dem rumpfnahen Teil des Unterflügels sowie bei den Unterschwanzdecken finden lassen.

Uttenschwalbe (Schwarzer Schwan)

Wiguläus Hund verwendet in seinem Werk „Bayrisch Stammen-Buch“ (1585/1586/1598) den Ausdruck „Uttenschwalbe“ primär zur der Beschreibung einer Wappenfigur, die man gewöhnlich als Schwan malt (im Wappen der Familie von Closen); daran anknüpfend baut er einen vermeintlichen Zusammenhang zu einem schwarzen Vogel in der Natur auf (in der Größe eines Reihers, Füße und Schnabel in Rot, mit rotem Brustfleck), wobei unklar ist, welcher natürliche Vogel damit gemeint sein könnte. Ein „Schwarzschwan“ (Trauerschwan, cygnus atratusW-Logo.png) gibt es zu damaligen Zeit in Europa nicht. Zudem besitzt dieser genauso wenig eine rote Brust wie andere Vögel, die man mit dem Ausdruck Uttenschwalbe im Laufe der Jahre in Verbindung brachte (Schwarzstorch, Kormoran, Waldrapp et cetera).

„(..) die Closner führen ain Uttenschwalb das ist ain gar seltzamer vogel. In disem landt findt man im zw zeiten vmb die Donaw in ains Raigers Gröss, mit rothen fiessen wnd schabl., auch ain rotn fleck an der brust sunst schwartz. Item man malt ihn gemainiglich in ains schwans gestalt.

Wiguläus Hund (1585/1586/1598): zitiert nach: Hefner/Siebmacher (1856)[3]

In Grünenbergs Wappenbuch (um 1480) erscheint im Wappen der Familie von Closen kein Schwarzstorch, sondern ein gut erkennbarer „schwarzer Schwan“ (frz.: cygne noir, poitrine marquée d'une tâche de gueules; engl.: cygnet sable with breast gules and armed gules). Dieser ist genauso dargestellt, wie die vergleichbaren weißen Schwäne anderer Wappen im gleichen Buch. Im Gegensatz zu den Schwarzstorch-Wappenfiguren wird der schwarze Schwan bei Grünenberg mit Schwimmfüßen und herausgeschlagener Zunge gezeigt.

Dass man einen schwarzen Storch wie im Wappen derer von Closen auch als schwarzen Schwan darstellte, ist vielleicht der Verschiebung der Bedeutung in Folge von Dialekten oder Übersetzungen von einer Sprache in die andere geschuldet. Beispielsweise ist es denkbar, dass aus dem Schwedischen „Odensvala“, über das Dänische „Onschwal“ durch Verschiebung und Fehlinterpretation im Deutschen eine „Unschwalbe“ beziehungsweise ein „Unschwan“ wurden. Ohne genauere Forschungen dazu, ist diese Verschiebung jedoch reine Spekulation. Als heraldische Figur ist ein „Un-Schwan“ das Gegenteil von einem „normalen“ (weißen) Schwan, also ein besonderer Schwan, der weit von dem normalen Maß abweicht, bei mitschwingender, unterschwelliger negativer Bedeutung. Im Europa der Früh-/Blütezeit des Wappenwesens ist das nichts anderes als ein „schwarzer Schwan“, also ein Vogel, den es damals dort nicht gibt.

Die Figur „schwarzer Schwan“ kommt im Übrigen in der Heraldik nicht nur bei der Familie von Closen vor, sondern beispielsweise auch im Wappen derer von Rast oder in den Kommunalwappen von Illighausen, Rast und Grevenkop.

Trauerschwan

Ein schwarze Schwanfigur, die tatächlich dem realen Trauerschwan, cygnus atratusW-Logo.png nachempfunden ist, führen bespielsweise Westaustralien und Perth im Wappen.

Uttenschwalbe (Kormoran)

HW Gtk-go-forward-ltr.png Hauptartikel: Kormoran (Wappentier)

Im 19. und 20 Jahrhundert verwenden Heraldiker wie Gritzner[4], Heffner[5], Oswald[6] und Leonhard[7] den Ausdruck Uttenschwalbe im Kontext mit einem KormoranW-Logo.png:

Uttenschwalbe (Tafel XIX. Fig. 21.): ist der schwarze Schwan (Cormoran), schwarz mit roter Brust, Schnabel und Füssen. Ihn führen zum Beispiel die Freih. von Closen in Bayern, wie die Uttendorffer in Ober-Österreich.“

Siebmacher/Gritzner (1889)[4]

Uttenschwalbe: ein in älteren Wappenbeschreibungen enthaltener Name für einen schwanenartigen Vogel in schwarzer Tinktur mit roter Bewehrung, bei dem es sich wahrscheinlich um den Komoran handelt.“

Gert Oswald: Lexikon der Heraldik (1984)[6]

„Bei der in älteren Wappen vorkommenden mit Uttenschwalbe bezeichneten Variante (des Schwans -- Anmerkung der Redaktion) in schwarz mit roter Bewehrung, dürfte es sich mit großer Wahrscheinlichkeit um den Kormoran handeln.“

Walter Leonhard (2003)[7]

Bei den augenscheinlichen Unterschieden zwischen den überlieferten Darstellungen der Wappenfigur einer Uttenschwalbe und einem natürlichen Kormoran wurde solchen Vermutungen schon früh widersprochen:

„Nach dem Gesagten kann es also kein Kormoran gewesen sein, den das Wort Uttenschwalbe bezeichnet.“

Hans Weininger (1862)[8]

Hans Weininger verweist zur Bestärkung seines Widerpruchs auf die Angaben des Ornithologen Johann Andreas NaumannW-Logo.png zum Kormoran.

Uttenschwalbe im Wappen derer von Closen und Derivate

Die Uttenschwalbe aus dem Stammwappen derer von Closen findet sich in auch in einem gevierten Schild sowie in Kommunalwappen.

Wappenbilderordnung

  • Die Figur Uttenschwalbe wurde zusammen mit der Figur Kormoran in die Wappenbilderordnung (WBO) des Herold (Verein) im Abschnitt Andere Wildvögel unter der Nr. 4361 aufgenommen.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Hochspringen nach: 1,0 1,1 Springer, Katharina: "De avium natura" von Conrad Gessner (1516-1565). Dissertation. Rostock. 2007. S. 29, 159 ff.
  2. Blason ville fr Garidech (Haute-Garonne).svg Lemma uttenschwalbe. In: Jacob Grimm, Wilhelm Grimm: Deutsches Wörterbuch, Leipzig 1854-1960 (woerterbuchnetz.de).
  3. J. Siebmacher's grosses und allgemeines Wappenbuch, II. Band, 1. Abteilung; Der Adel des Königreichs Bayern; Verfasser: O. T. von Hefner; Publikation: Nürnberg: Bauer & Raspe, 1856.
  4. Hochspringen nach: 4,0 4,1 J. Siebmacher's grosses und allgemeines Wappenbuch, Einleitungsband, Abteilung B: Grundsätze der Wappenkunst verbunden mit einem Handbuch der heraldischen Terminologie (Maximilian Gritzner). Nürnberg: Bauer & Raspe, 1889. S. 91
  5. Otto Titan von Hefner: Handbuch der theoretischen und praktischen Heraldik. Heraldisches Institut, München 1861, S. 80.
  6. Hochspringen nach: 6,0 6,1 Oswald, Gert: Lexikon der Heraldik. Mannheim, Wien, Zürich. 1984. S. 406. ISBN 978-3-411-02149-9
  7. Hochspringen nach: 7,0 7,1 Leonhard, Walter: Das grosse Buch der Wappenkunst. Entwicklung, Elemente, Bildmotive, Gestaltung, Bechtermünz-Verlag 2003. S. 232. ISBN 3-8289-0768-7
  8. Weininger, Hans: Die Uttenfchwalbe der Clofen. In: Verhandlungen des Historischen Vereins für Niederbayern; 8. Landshut. 1862. S. 170.