Kirche (Heraldik)
Kirche (mhd. kerk; lateinisch ecclesia; französisch église; englisch church), Kirchturm (engl.: church tower), Kathedrale (frz.: cathédrale; engl.: cathedral), Domkirche (frz.: dôme; engl.: duomo), Kapelle (frz.: chapelle; engl.: chapel), Einsiedelei (frz.: ermitage; engl.: hermitage), Kirchenfenster (frz.: fenêtre d'église; engl.: church window) und andere Bauwerke oder Gebäudeelemente, die im Zusammenhang mit christlichen Religionsgemeinschaften stehen, sind in der Heraldik gemeine Figuren.
Geschichte
Nach Ralf von Retberg kommen Kirchenfiguren seit dem 13. Jahrhundert im Wappenwesen vor (meist als redendes Wappen).[1]
Darstellung
Bauwerke wie Kirchen, Kirchtürme
, Kathedralen
, Domkirchen
, Kapellen
, Einsiedeleien/Eremitagen
und so weiter erscheinen im Wappenwesen als ideal stilisierte Wappenmotive. Nachbildungen von realen (kirchlichen) Bauwerken im Wappen werden in der Wappenbeschreibung nicht explizit erwähnt. Statt dessen wird die Nachbildung in der Kunstsprache der Heraldik umschrieben.
Bauwerkfiguren, deren Darstellungen sich an reale Kirchengebäude anlehnen (Auswahl) | Vorbild | Wappen | ||
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Speyer![]() (1/3) 🡆 |
Dom Kathedrale |
Die Kirchengebäudefigur im Wappen von Speyer ist dem Speyerer Dom![]()
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Rellingen![]() |
Kirche | Die Kirchenfigur im Wappen von Rellingen ist der Rellinger Kirche![]()
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Eintürnen![]() |
Die Kirchturmfigur im Wappen von Eintürnen ist dem Kirchturm der Kirche St. Martin nachempfunden.
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Bad Hall![]() |
Kapelle | Das Wappenbild von Bad Hall zeigt die bereits 1298 urkundlich bekannte, zuletzt 1977–1981 generalrenovierte Margarethenkapelle „am Anger unter den Sieben Linden“![]()
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Bechí![]() |
Einsiedelei | Das Wappebild von Bechí lehnt sich an die Ermita de San Antonio de Bechí![]()
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Kirche
Das Bauwerk Kirche wird im Wappenwesen stark stilisiert gestaltet und erscheint gewöhnlich mit einem Kirchturm und einem Kreuz (manchmal auch mit Wetterhahn) an der Turmspitze. Die Darstellung und Farbgebung der Kirchen ist nicht einheitlich. Nicht jede einzelne Kirche und nicht alle Kirchenbauformen der realen Welt sind in Wappen darzustellen. Meist wird ein ideale Kirche aufgerissen, nur in Ausnahmefällen eine Nachbildung einer realen Kirche z. B. eines Ortes. Oft wird ein Mauerwerk angedeutet, Fenster und Türen werden meist in Schwarz tingiert. Besondere Merkmale (geschindeltes Dach, anders tingiertes Dach, Turmstellung rechts oder links, Standfläche und so weiter) sind zu melden.
„Während Kirchen in der alten Heraldik meist stark stilisiert in Seitenansicht vertreten sind, werden sie in der neueren Zeit auch perspektivisch dargestellt.“
„Kirchen (..) kommen einzeln vor (..) gewöhnlich mit einem Thurm, (..) Fünf brennende Kirchen führt die Stadt Fünfkirchen.“
Der Ochsenturm, ein früherer Kirchturm, im Wappen von Imsum
Kapelle

Die Figur Kapelle (französisch chapelle; englisch chapel) ist -- heraldisch stilisiert -- entweder dem Idealbild des kleinen, freistehenden gleichnamigen Kirchengebäudes nachempfunden oder sie ist eine wappenmäßig vereinfachte Wiedergabe eines realen (ehemaligen oder noch bestehenden) Kapellenbauwerks (cave: aber nicht oder nur ausnahmsweise lehnt sich die Figur an den gleichnamigen Nebenraum in einem größeren Gebäude an).
„(..) Kapellen kommen einzeln vor (..) entweder in Form wie Tafel XXV. Figur 36., oder ähnlich einer Kirche, in der Mitte mit einem Dachreiter (kleiner Thurm). Die von Capellen und von Capeller haben z. B. Kapellen im Wappen.“
1628: Kapelle (fiktives Wappen Randonin le Perfien, nach Hiérosme de Bara)
1889: Kapelle (nach Siebmacher)
Silberne Kapelle mit blauem Dach (Waldkappel
)
(Mutkov
)
Verbreitung
Wappenmotive, die im Zusammenhang mit christlichen Religionsgemeinschaften stehen (Kirche, Kapelle, Kirchturm) gehören neben der Brücke, der Burg, dem Kastell und dem Turm zu den verbreiteten gemeinen Figuren.
Wappenbilderordnung
- Die Figur Kirche wurde zusammen mit den Figuren Kathedrale und Kapelle in die Wappenbilderordnung (WBO) des Herold (Verein) im Abschnitt Bauwerke unter der Nr. 8211 aufgenommen.
- Die Figur Kirchturm wurde in die Wappenbilderordnung (WBO) des Herold (Verein) im Abschnitt Bauwerke unter der Nr. 8045 aufgenommen.
- Die Figur Kirchenfenster wurde in die Wappenbilderordnung (WBO) des Herold (Verein) im Abschnitt Bauwerke unter der Nr. 8087 aufgenommen.
Symbolik
Die Aufnahme eines Kirchenmotivs in eine Wappen wird oft genutzt, um ein redendes Wappen zu führen (beispielsweise bei Orten wie „Seekirch“, „Waldkirch“ „Weißkirchen“, „Kirchberg an der Murr“ und so weiter).
Siehe auch
Weblinks

Einzelnachweise
- ↑ Ralf von Retberg: Die Geschichte der deutschen Wappenbilder. Aus Ralf von Retbergs Nachlasse. 1884. Posthum in: Jahrbuch der k.k. heraldischen Gesellschaft Adler zu Wien. XIII./XIV. Jahrgang. Wien 1886/1887. Seite 20.
- ↑ Karl Heinz Debus: Das große Wappenbuch der Pfalz. Gräber, Neustadt an der Weinstraße 1988, ISBN 3-9801574-2-3.
- ↑ Kommunale Wappenrolle Schleswig-Holstein
- ↑ Oswald, Gert: Lexikon der Heraldik. Mannheim, Wien, Zürich. 1984. S. 224.
- ↑ Hochspringen nach: 5,0 5,1 J. Siebmacher's grosses und allgemeines Wappenbuch, Einleitungsband, Abteilung B: Grundsätze der Wappenkunst verbunden mit einem Handbuch der heraldischen Terminologie ( M. Gritzner). Nürnberg: Bauer & Raspe, 1889.