Lediger Schild

Ein lediger Schild (auch Ledigenschild; französisch [écus] plain oder [écus] plein; englisch plain escutcheon) ist in der heutigen heraldischen Alltagssprache ein einfarbiger Wappenschild ohne Wappenfigur.
„Schilde, die bloß in einer Farbe tingiert sind, ohne Unterabteilung oder Figur, nennt man ledige Schilde.“
Einfarbige Schilder sind in der Heraldik selten. Die Literatur des 13. Jahrhunderts erklärt sich diesen Umstand damit, daß Wappen mit nur einer Farbe von „unbekannt bleiben wollenden oder schlechten“ (kriminellen) Rittern geführt wurden.[2]
Bedeutungsgeschichte
Der Ausdruck „lediger Schild“ hat in der Wappenkunde je nach Fachliteratur unterschiedliche Bedeutungen. Viele Heraldiker setzen den „ledigen“ Schild mit einem „leeren“ gleich:
„Lediger Schild = leerer Schild“
Diese Formulierung legt nahe, daß sich auf dem Schild (noch) nichts befindet, nicht einmal eine Tinktur, daß mit „lediger Schild“ ein „untingierter“, unbehandelter Schild gemeint ist, der keinen wirklichen Wappenschild darstellt. Johann Christoph Gatterer (1727-1799) bezeichnet dagegen nicht den „leeren“ Schild als „ledig“, sondern ein lediger Schild ist einerseits ein „einfacher einfarbiger“ Schild ohne Wappenfigur, andererseits ein „geteilter mehrfarbiger“ ohne Wappenfigur:
„Ein einfacher lediger Schild hat nichts, als Tinctur, und zwar nicht, mehr als eine (..) hingegen ein getheilter lediger Schild hat mehr, als eine Tinctur, und eine oder mehrere Sectionen, und zwar von den letzeren so viel. als er Plätze hat.“
Nur fünf Jahre später wird in einem Fachbuch einschränkend definiert, daß bei einem geteilten ledigen Schild die Flächen, auf denen sich die Farben befinden, gleich groß sein sollen.
„Der Schild ist ledig, und ohne Figuren; 1tens Wan er auß einer eintzigen Tinctur bestehet (..) 2tens Wan zwey Tincturen in selbigem Schild denselben Raum einnehmen.“
Unterschiedliche Festlegungen, was unter einem ledigen Schild zu verstehen ist, stammen aus den Werken des Herold, Verein für Heraldik. Das „Handbuch der Heraldik, Wappenfibel“ zählt gleichermaßen Schilde mit nur einer Farbe oder mit nur einem Pelzwerk zu den „einfarbigen ledigen Schilden“:
„Einfarbige „ledige“ Schilde, d. h. solche, die nur eine Farbe oder ein Pelzwerk zeigen, kamen allenfalls in der heraldischen Frühzeit vor (..)“
In der Wappenbilderordnung (WBO) des Vereins Herold befinden sich dagegen die „ledige Schilde“ in einer Gruppe (Code 0000-0009), die „Pelzwerke“ davon unabhängig in einer anderen (Code 0010-0099). In der Gruppe der „ledigen Schilde“ werden in der WBO aus dem Jahre 1996 aufgezählt:
Code | Ledige Schilde lt. Wappenbilderordnung[7] | Beispiel |
---|---|---|
0000 | Schild (aus der Vergangenheit), dessen Farbe unbestimmbar ist. | |
0001-0002 | Einfarbiger Schild (Metalle): | ledig von Gold ledig von Silber |
0003-0006 | Einfarbiger Schild (Farben): | ledig von Rot ledig von Blau ledig von Grün ledig von Schwarz |
0007-0008 | Nicht als Farben eines Schildes (Hilfstinkturen): Purpur oder Naturfarben (braun, fleischfarben) |
|
0009 | Mittelschild in verwechselten Farben (Farbenwechselseitigkeit) | Mittelschild in ... |
- Ledige Schilde lt. WBO
Blasonierung
In der Wappenbeschreibung wird der ledige Schild umschrieben mit der Formulierung: „Schild ledig von ...“ Die Tinktur gilt in diesem Fall als Wappenfigur, obwohl dies streng genommen nicht ganz schlüssig ist. Nichtsdestotrotz sollte sie bei der Beschreibung ebenfalls gemeldet werden (also z. B. „Schild ledig von Rot“ et cetera).
Ein lediger Schild wird häufig durch Damaszierung verschönt[8].
Abgrenzung
Lediges Wappen
Ein lediger Schild sollte nicht mit einem „ledigen Wappen“, das manchmal irreführend auch als „lediges Schild“ bezeichnet wird, verwechselt werden. Der Ausdruck lediges Wappen wird im Zusammenhang mit dem Erlöschen einer Familie verwendet.
„Jedes Wappen einer vollständig erloschenen Familie wird, wenn der Letzte des Geschlechts nicht vorher rechtlich darüber disponiert hat, ledig (..)“
Wartschild
Ein lediger Schild kann aussehen wie ein Wartschild, besitzt aber eine andere Funktion. Im Gegensatz zum Wartschild, der erst in der Verfallszeit der Heraldik aufkam, sind ledige Schilde schon in der Frühzeit bekannt und nicht als Platzhalter zur künftigen Aufnahme eines Wappenbildes bestimmt, sondern bereits Wappenschilder in ihrer endgültig geführten Gestalt.
Galerie
Neben den oben genannten „ledigen Schilden“ klassifiziert die nationale oder internatione heraldischen Literatur teilweise noch andere Schilde als „ledig“. Dazu zählen z. B.:
- Teilweise in der (int.) heraldischen Literatur als ledige Schilde definiert ...
Siehe auch
Übersetzung
Ledig ...
- französisch: plein
- englisch: plain
- spanisch: lleno
- niederländisch: blank
- italienisch: pieno
Literatur
- ↑ Sacken, Eduard Freiherr von: Katechismus der Heraldik. Grundzüge der Wappenkunde. Leipzig. 1893. S. 19.
- ↑ Vgl. Galbreath, D. L.; Jéquier Léon: Handbuch der Heraldik. Augsburg 1990. S. 99-100.
- ↑ J. Siebmacher's grosses und allgemeines Wappenbuch, Einleitungsband, Abteilung B: Grundsätze der Wappenkunst verbunden mit einem Handbuch der heraldischen Terminologie ( M. Gritzner). Nürnberg: Bauer & Raspe, 1889.
- ↑ Gatterer, Johann Christoph: Johann Christoph Gatterers Abriß der Heraldik oder Wappenkunde: zum Nutzen der studierenden Jugend entworfen und zuerst mit acht Kupfertafeln erläutert. 1774. S. 14.
- ↑ Putzische Buchhandlung: Grundsätze Der Heraldik oder Wapenkunst: In welchen Durch Blasonirung der Wapen angewiesen wird, wie man sich der Lehrsätzen gebrauchen soll; Wobey das Römische Reich in zehen Kreise abgetheilt ist: Zu nützlichem Gebrauch der studierenden edlen Jugend zusammengetragen; Mit Figuren. Kön. 1779. S. 7.
- ↑ Hildebrandt, Adolf Matthias; bearbeitet von Biewer, Ludwig; Herold Verein für Heraldik (Hrgs.): Handbuch der Heraldik. Wappenfibel. 19. Auflage. Neustadt an der Aisch. 1998/2002. S. 53.
- ↑ Herold Verein für Heraldik (Hrgs.): Wappenbilderordnung. 2. Auflage. Neustadt an der Aisch. 1996. S. 58-59.
- ↑ Lexikon Heraldik, Gert Oswald, VEB Bibliographische Institut Leipzig, 1984
- ↑ Hefner, Otto Titan von: Altbayerische Heraldik. Teile-1-2. In Com. des Heraldischen Instituts. 1869. S. 117.