Lediger Schild

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Lediger Schild (gold)
Lediger Schild (schwarz)
Lediger Schild (hermelin)
Ritter mit ledigem Schild im Codex Manesse

Ein lediger Schild (auch Ledigenschild; französisch [écus] plain oder [écus] plein; englisch plain escutcheon) ist in der heutigen heraldischen Alltagssprache ein einfarbiger Wappenschild ohne Wappenfigur.

„Schilde, die bloß in einer Farbe tingiert sind, ohne Unterabteilung oder Figur, nennt man ledige Schilde.“

Eduard Freiherr von Sacken (1893)[1]

Einfarbige Schilder sind in der Heraldik selten. Die Literatur des 13. Jahrhunderts erklärt sich diesen Umstand damit, daß Wappen mit nur einer Farbe von „unbekannt bleiben wollenden oder schlechten“ (kriminellen) Rittern geführt wurden.[2]

Bedeutungsgeschichte

Der Ausdruck „lediger Schild“ hat in der Wappenkunde je nach Fachliteratur unterschiedliche Bedeutungen. Viele Heraldiker setzen den „ledigen“ Schild mit einem „leeren“ gleich:

„Lediger Schild = leerer Schild“

Siebmacher/Gritzner (1889)[3]

Diese Formulierung legt nahe, daß sich auf dem Schild (noch) nichts befindet, nicht einmal eine Tinktur, daß mit „lediger Schild“ ein „untingierter“, unbehandelter Schild gemeint ist, der keinen wirklichen Wappenschild darstellt. Johann Christoph Gatterer (1727-1799) bezeichnet dagegen nicht den „leeren“ Schild als „ledig“, sondern ein lediger Schild ist einerseits ein „einfacher einfarbiger“ Schild ohne Wappenfigur, andererseits ein „geteilter mehrfarbiger“ ohne Wappenfigur:

„Ein einfacher lediger Schild hat nichts, als Tinctur, und zwar nicht, mehr als eine (..) hingegen ein getheilter lediger Schild hat mehr, als eine Tinctur, und eine oder mehrere Sectionen, und zwar von den letzeren so viel. als er Plätze hat.“

Johann Christoph Gatterer (1774)[4]

Nur fünf Jahre später wird in einem Fachbuch einschränkend definiert, daß bei einem geteilten ledigen Schild die Flächen, auf denen sich die Farben befinden, gleich groß sein sollen.

„Der Schild ist ledig, und ohne Figuren; 1tens Wan er auß einer eintzigen Tinctur bestehet (..) 2tens Wan zwey Tincturen in selbigem Schild denselben Raum einnehmen.“

Putzische Buchhandlung (1779)[5]

Unterschiedliche Festlegungen, was unter einem ledigen Schild zu verstehen ist, stammen aus den Werken des Herold, Verein für Heraldik. Das „Handbuch der Heraldik, Wappenfibel“ zählt gleichermaßen Schilde mit nur einer Farbe oder mit nur einem Pelzwerk zu den „einfarbigen ledigen Schilden“:

„Einfarbige „ledige“ Schilde, d. h. solche, die nur eine Farbe oder ein Pelzwerk zeigen, kamen allenfalls in der heraldischen Frühzeit vor (..)“

Handbuch der Heraldik, Wappenfibel (1998/2002)[6]

In der Wappenbilderordnung (WBO) des Vereins Herold befinden sich dagegen die „ledige Schilde“ in einer Gruppe (Code 0000-0009), die „Pelzwerke“ davon unabhängig in einer anderen (Code 0010-0099). In der Gruppe der „ledigen Schilde“ werden in der WBO aus dem Jahre 1996 aufgezählt:

Code Ledige Schilde lt. Wappenbilderordnung[7] Beispiel
0000 Schild (aus der Vergangenheit), dessen Farbe unbestimmbar ist.
0001-0002 Einfarbiger Schild (Metalle): ledig von Gold
ledig von Silber
0003-0006 Einfarbiger Schild (Farben): ledig von Rot
ledig von Blau
ledig von Grün
ledig von Schwarz
0007-0008 Nicht als Farben eines Schildes (Hilfstinkturen):
Purpur oder Naturfarben (braun, fleischfarben)
0009 Mittelschild in verwechselten Farben (Farbenwechselseitigkeit) Mittelschild in ...

Blasonierung

In der Wappenbeschreibung wird der ledige Schild umschrieben mit der Formulierung: „Schild ledig von ...“ Die Tinktur gilt in diesem Fall als Wappenfigur, obwohl dies streng genommen nicht ganz schlüssig ist. Nichtsdestotrotz sollte sie bei der Beschreibung ebenfalls gemeldet werden (also z. B. „Schild ledig von Rot“ et cetera).

Ein lediger Schild wird häufig durch Damaszierung verschönt[8].

Abgrenzung

Lediges Wappen

Ein lediger Schild sollte nicht mit einem „ledigen Wappen“, das manchmal irreführend auch als „lediges Schild“ bezeichnet wird, verwechselt werden. Der Ausdruck lediges Wappen wird im Zusammenhang mit dem Erlöschen einer Familie verwendet.

„Jedes Wappen einer vollständig erloschenen Familie wird, wenn der Letzte des Geschlechts nicht vorher rechtlich darüber disponiert hat, ledig (..)“

Otto Titan von Hefner[9]

Wartschild

Ein lediger Schild kann aussehen wie ein Wartschild, besitzt aber eine andere Funktion. Im Gegensatz zum Wartschild, der erst in der Verfallszeit der Heraldik aufkam, sind ledige Schilde schon in der Frühzeit bekannt und nicht als Platzhalter zur künftigen Aufnahme eines Wappenbildes bestimmt, sondern bereits Wappenschilder in ihrer endgültig geführten Gestalt.

HW Gtk-go-forward-ltr.png Hauptartikel: Wartschild

Galerie

Neben den oben genannten „ledigen Schilden“ klassifiziert die nationale oder internatione heraldischen Literatur teilweise noch andere Schilde als „ledig“. Dazu zählen z. B.:

Siehe auch

Übersetzung

Ledig ...

  • französisch: plein
  • englisch: plain
  • spanisch: lleno
  • niederländisch: blank
  • italienisch: pieno

Literatur

  1. Sacken, Eduard Freiherr von: Katechismus der Heraldik. Grundzüge der Wappenkunde. Leipzig. 1893. S. 19.
  2. Vgl. Galbreath, D. L.; Jéquier Léon: Handbuch der Heraldik. Augsburg 1990. S. 99-100.
  3. J. Siebmacher's grosses und allgemeines Wappenbuch, Einleitungsband, Abteilung B: Grundsätze der Wappenkunst verbunden mit einem Handbuch der heraldischen Terminologie ( M. Gritzner). Nürnberg: Bauer & Raspe, 1889.
  4. Gatterer, Johann Christoph: Johann Christoph Gatterers Abriß der Heraldik oder Wappenkunde: zum Nutzen der studierenden Jugend entworfen und zuerst mit acht Kupfertafeln erläutert. 1774. S. 14.
  5. Putzische Buchhandlung: Grundsätze Der Heraldik oder Wapenkunst: In welchen Durch Blasonirung der Wapen angewiesen wird, wie man sich der Lehrsätzen gebrauchen soll; Wobey das Römische Reich in zehen Kreise abgetheilt ist: Zu nützlichem Gebrauch der studierenden edlen Jugend zusammengetragen; Mit Figuren. Kön. 1779. S. 7.
  6. Hildebrandt, Adolf Matthias; bearbeitet von Biewer, Ludwig; Herold Verein für Heraldik (Hrgs.): Handbuch der Heraldik. Wappenfibel. 19. Auflage. Neustadt an der Aisch. 1998/2002. S. 53.
  7. Herold Verein für Heraldik (Hrgs.): Wappenbilderordnung. 2. Auflage. Neustadt an der Aisch. 1996. S. 58-59.
  8. Lexikon Heraldik, Gert Oswald, VEB Bibliographische Institut Leipzig, 1984
  9. Hefner, Otto Titan von: Altbayerische Heraldik. Teile-1-2. In Com. des Heraldischen Instituts. 1869. S. 117.

Links

Commons: Ledigenschild – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien