Wartschild

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Warteschild im Wappen Platen zu Hallermund (Dipl. 20. Juli 1689): Der Mittelschild erscheint „leer“, weil man sehr wahrscheinlich die Belehnung mit Hallermund erwartete.

Ein Wartschild (auch Warteschild, scuta expectationis, tables d'attente, verwachtingsschilden) bezeichnet in der modernen Heraldik allgemein einen Interimsschild (oder ein Interimsschildteil), der zur Aufnahme für ein in Aussicht stehendes wirkliches Wappenbild geführt wird, auf welches der Wappenführende „wartet“.

Geschichte

In der Früh- und Blütezeit des Wappenwesens waren der Ausdruck und die eigentliche Funktion des Wartschilds vermutlich unbekannt. Schilde aus jener Zeit, die in ihrer Darstellung einem Wartschild ähneln, waren funktional keine Wartschilde, sondern ledige Schilde oder eine andere Art eines „richtigen“ Wappenschildes. Zumindest stellt Carl von Mayer vorsichtig fest:

„Wohl die wenigsten aber von jenen (den „ledigen Schilden“ -- Anm. der Redaktion) dürften demnach als eigentliche "Wartschilde" sich ausweisen, da auch in der That von den wenigsten "ledigen" Schilden mit historischer Sicherheit ermittelt und behauptet werden kann, daß ihnen diese Bestimmung mit vollem Rechte zukommt.“[1]

Der erste Gebrauch von Wartschilden ist demnach in der Verfallszeit des Wappenwesen zu suchen. Seyler führt aus, daß der Kurfürst Ernst August der erste in Deutschland war, der ein Warteschild in seinem Gesamtwappen führte (ab 1694):

„(..) Dem Wappenschilde wurde der mit Hermelin aufgeschlagene Kurhut aufgesetzt und der Schild mit einem ganz glatten Herzschilde -- dem ersten Wartschilde in Deutschland -- belegt.“

Gustav Adelbert Seyler (1857)[2]

Darstellung

Der Wartschild wird ganz „leer“ geführt und dargestellt, das heißt, er zeigt auf seiner Fläche keine Wappenfiguren. Die Darstellung erfolgt zum Beispiel

  • ohne Tingierung („farblos“ bzw. lediglich in „Kontur“ oder neutraler Hintergrundfarbe)
  • nur mit einer einfarbigen Tinktur (also: „Wartschild ledig von Blau“ beziehungsweise ledig von Rot, Schwarz, Grün, Gold, Silber, Hermelin ...)
  • mit Damaszierung

In einem mehrfeldrigen Schilde hält die Darstellung des Wartschilds einen Platz für den in Aussicht stehenden Wappenschild oder für die in Aussicht stehende Wappenfigur frei („Platzhalter“ bzw. „Platzhalterschild“).

Bedeutung

Ein Wartschild wird in Erwartung eines bestimmten Wappenschilds (oder eines bestimmten Wappenmotivs) meist nur vorübergehend geführt, z. B., wenn ein bestimmtes Amt oder eine bestimmte Würde mit einem dazugehörigen Wappen/Wappenmotiv noch nicht offiziell oder dauernd erlangt wurde.

„So führte das kurfürstliche Haus von Hannover, das 1692 die Kurwürde, aber erst 1777 ein Reichserzamt mit dem dazugehörigen Wappen dauernd erlangte, in der Zwischenzeit einen ledigen Wartschild.“

Meyers Großes Konversations-Lexikon (1909)[3]
  • Erfüllt sich die Erwartung, wird die Wartschild-Darstellung nachträglich gegen die endgültige Wappenschild-Darstellung ausgetauscht. In diesem Fall kann die Darstellungsänderung im Schild gegebenenfalls auch eine Änderung im Oberwappen nach sich ziehen.
  • Erfüllt sie sich die Erwartung nicht, kann der Wartschild den Anspruch auf ein nie wirklich geführten bestimmten Wappenschild anzeigen und in seiner speziellen Darstellung dauerhaft in die spezifische Wappengeschichte eingehen; oder er wird nachträglich nicht mehr geführt.

Abgrenzung

Lediger Schild

Ein Wartschild kann wie ein sogenannter „lediger Schild“ erscheinen, besitzt aber eine andere Funktion. Ein lediger Schild ist nicht als Platzhalter zur künftigen Aufnahme eines Wappens bestimmt, sondern wird meist als ein geführter Wappenschild interpretiert. Im Einzelfall ist zu erforschen, ob ein lediger Schild, ein Wartschild oder beides vorliegt.

HW Gtk-go-forward-ltr.png Hauptartikel: lediger Schild

Regalienschild

Ein Wartschild sollte nicht mit einem Regalienschild verwechselt werden. Beim Regalienschild stellt die Tingierung auf seiner Fläche und die potentielle Figur ein wirkliches Wappen dar, was beim Wartschild nicht der Fall ist.

HW Gtk-go-forward-ltr.png Hauptartikel: Regalienfeld

Deutsches Wörterbuch

warteschild, m. n. 'ein solcher lediger schild, welchen der inhaber desselben wegen einer noch für diesen schild erwarteten wappenfigur führt, etwa wegen verhoffter erbschaft, wegen lehensexspectanz usw.'
v. Querfurth wb. der herald. terminol. 171.
(..)
die Frantzosen gebrauchen zu der weibspersonen schild eine rautenform, welche die jungfrauen blank, weisz, leer, oder wartschild, wie sie von etlichen genant werden, haben
Harsdörffer gesprechspiele 3, 155.

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm[4]

Literatur

  • Wolfgang Menzel, Literaturblatt Nr.67, Paul Reff ,Stuttgart 1862, S. 265
  • Gert Oswald, Lexikon der Heraldik, Bibliographisches Institut Leipzig 1984, S. 438

Weblinks

Wiktionary Wiktionary: Platzhalter – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Mayer, Carl Ritter von: Heraldisches ABC-Buch. Finsterlin. 1857. S. 244.
  2. Seyler, Gustav Adelbert: Geschichte der Heraldik. Wappenwesen, Wappenkunst, Wappenwissenschaft. In: J. Siebmachers großes Wappenbuch. Band A. Repgrografischer Nachdruck der Ausgabe Nürnberg 1885-1889 (1890). Neustadt an der Aisch. 1970. S. 440.
  3. Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 20. Leipzig 1909, S. 393.
  4. Grimm, Jacob; Grimm Wilhelm: Deutsches Wörterbuch. Zitiert nach: Warteschild in der Internet-Retrodigitalisierung der Uni Trier. Aufgerufen am 1.3.2011.