Felsbild (Heraldik)
Die Ausdrücke Felsbild (auch Felszeichnung genannt; französisch art rupestre; englisch rock art), Petroglyphe (französisch pétroglyphe; englisch petroglyph), Bild(er)stein[1] oder ähnlich sind in der neueren Heraldik:
- Oberbegriffe, unter denen jene Wappenfiguren zusammengefasst sind, die hauptsächlich der frühen, vorgeschichtlichen oder vorheraldischen von Menschen gemachten Parietalkunst, teilweise entsprechender Kleinkunst nachempfunden sind.
- vage
Beschreibungen für entsprechende gemeine Figuren
Darstellung
Felsbild, Bild(er)stein- und Petroglyphen-Figuren, wie sie bevorzugt in neueren kommunalen Wappen erscheinen, sind ähnlich wie die durch Menschen geschaffenen Abbildungen oder Artefakte früher Kulturen auf Fels/Felswänden (von Höhlen), Steinen, Stelen, Reliefs, Platten et cetera gestaltet. Sie gelten bei einigen Anhängern der klassischen Wappenkunde als unheraldisch und nach dem „Handbuch der Heraldik“ sollte man sich bei ihrer Einführung Zurückhaltung auferlegen.[2].
„Ebenso ist Zurückhaltung geboten gegenüber der Verwendung solcher Wappenfiguren, die im Zeitpunkt der Entstehung der Heraldik (Anfang des 12. Jahrhunderts) den Menschen der damaligen Zeit kaum mehr bekannt waren. Dieses gilt vor allem für Gegenstände und Symbole aus der germanischen Vorzeit (..) und aus der griechisch-römischen Epoche (..) Auch präheraldische Symbole sollten, wenngleich sie seit der Zeit des Humanismus und vor allem während des Klassizismus Eingang in die deutsche Heraldik fanden, eher vermieden werden.“

Felsbild
Im Allgemeinen erfolgt die Nachbildung von Felsbild-Figuren im Wappen oder Feld nur wenig heraldisch stilisiert und recht nahe am vorheraldisch-stilisierten Vorbild, sei es, dass es ursprünglich gemalt, geritzt, graviert, geschabt, gepickt oder anders erschaffen wurde. Beispielsweise ist die „widderartige“ Felsbildfigur im Wappen der schwedischen Gemeinde Krokom nicht wie ein heraldisch stilisierter Widder oder eine andere heraldisch stilisierte Figur (Elch, Hirsch, Gemse) ausgeführt, sondern weitaus stärker stilisiert in Form einer Liniengrafik beziehungsweise wie ein strichartiges Felsritzungsmotiv (vgl. Glösa
).
Häufig werden als Wappenfigur Einzelbilder oder Ausschnitte eines lokalen Flurdenkmals oder eines archäologisch-ethnologischen Fundes nachgebildet. In der Wappenbeschreibung fügt man zur Erläuterung beispielsweise den Eigennamen des Artefakts, den jeweiligen Fundort oder bei der Figurenbezeichnung ein beschreibendes Attribut hinzu („(prähistorische) Rothirschpetroglyphe“, „bronzezeitliches Ren mit Schwimmfüßen“, „Nachbildung einer Felszeichnung der Drei-Brüder-Höhle“ oder ähnliches). Solche Formulierungen in der Blasonierung sind umstritten; teilweise vertreten Anhänger einer eher traditionellen Heraldik die Ansicht, dass ein Wappen niemals ein bestimmtes Objekt darstellen sollte, das man nur beschreiben kann, indem man sagt, dass es sich um die heraldische Figur des konkreten realen Objekts handelt. Die Eigenarten eines Felsbildwappenmotivs sind in der Blasonierung stets in der heraldischen Terminologie und möglichst genau zu erläutern, um einheitliche Wappenaufrisse zu gewährleisten.
Felsbild im Wappen Tamum
Im geteilten Wappen der Gemeinde Tamum erscheinen zwei Felsbildfiguren, die den Felsritzungen von Tanum aus der Bronzezeit nachempfunden sind: Oben wird in Gold ein rotes „Strichmännchen“
, mit archaischem Pflug und zwei stark stilisierten „Ochsen/Stieren“ dargestellt; unten in Rot ein goldenes bronzezeitliches „Plankenboot“.
Verbreitung von Felsbildfiguren
Felsbildfiguren erscheinen bevorzugt in der Heraldik skandinavischer Länder und in der russischsprachig geprägten Heraldik.
Felsbild im Wappen der Stadt Aldan
in Jakutien


Bild(er)stein/Stele
Bild(er)stein- beziehungsweise (Grab-)Stelenfiguren sind prähistorischen Steinen nachempfunden, deren Oberfläche mit Zeichnungen oder Figuren versehen sind.[1] Die Oberflächenzeichnungen werden in diesem Fall nicht als isolierte Elemente oder als eigenständige gemeine Figuren in ein Wappen übernommen, sondern sind als Bestandteile einer Steinfigur gestaltet.
Opferstein von Anderlingen
Beispielsweise erscheint im Wappen von Anderlingen in Rot auf grünem Hügel eine silberne Bildsteinfigur („Opferstein von Anderlingen“), auf dem drei schematische, schwarze Menschfiguren im Stil der Bronzezeit abgebildet sind.
Sonnenstein

Die Figur Sonnenstein ist gleichnamigen Steinen nachempfunden, wie sie zum Beispiel in Beckstedt bei Colnrade
, Harpstedt
und Horsten
in Niedersachsen gefunden wurden. Die Originale sind vermutlich in der Bronzezeit entstanden. Die Sonnensteinfiguren zeigen -- heraldisch stilisiert -- einen aufrechten menhirartigen Stein mit konzentrischen Kreisen
, die um einen Mittelpunkt verlaufen und deren Anzahl gemeldet werden kann. Wenn der Stein nicht in Erscheinung tritt, sondern wie im Wappen der Samtgemeinde Harpstedt nur konzentrische Kreise im Wappen dargestellt sind, ist die Figur nicht als „Sonnenstein“ anzusprechen, sondern der Figur entsprechend zu blasonieren (zum Beispiel: „goldene Scheibe mit zwölf konzentrischen Kreise“).
Sonnenstein von Beckstedt
im Wappen von Beckstedt
Sonnenstein von Horsten
im Wappen von Horsten
Anthropomorphe (Grab-)Stele
Im Wappen von Fonelas erscheint eine anthropomorphe Grabsteinstele, die in Fonseca in der Dolmengruppe Moreno 3 gefunden wurde und auf die Jahre 2600-2200 vor Christus datiert wird. Das Original der Fonelas-Stele befindet sich im archäologischen und ethnologischen Museum von Granada
.[3]
(Grab-)Stele von Almargen
Spätbronzezeit, etwa 800 v. Chr.: Eine Grabstele (Estela decorada del guerrero de Almargen


Im Wappen von Almargen erscheint heraldisch links oben die Darstellung einer Grabstele aus der Bronzezeit, die in Almargen gefunden wurde und auf der schematisch ein „Krieger“ mit Speer und Schild dargestellt ist. Auf der Grabstelenfigur ist als zentrales Motiv der Schild in Form von drei konzentrischen Kreisen abgebildet, wobei die beiden äußeren heraldisch rechts zum Schildrand eine Kerbe aufweisen; heraldisch links neben den Kreisen erscheint ein gesichtsloses Strichmännchen
, mit Füßen im Profil, die Bewegung andeuten, markanten Strichschultern, ausgestreckten Stricharmen und offenen Strichhänden, auf den Schultern ein umgekehrter V-förmiger Helm. Über den konzentrischen Kreisen erscheint ein unbekanntes Element (eine Art „Rechteck“, womöglich eine Fibula), darüber ein nach heraldisch rechts gewendeter waagerechter „Speer“ mit V-förmiger Spitze.
Kantabrische Stele
Kantabrische Stelen (spanisch estelas cántabras) sind in mehreren spanischen Wappen abgebildet. Beispielsweise erscheint im Wappen Kantabriens die silberne Darstellung der „kantabrischen Stele von Barros“, einer aus dem 3. Jahrhundert stammenden monolithischen Skulptur mit konzentrischen Kreisen in Basreliefform.[4] Die Funktion der „Estelas cántabras“ ist unklar. Sie werden mit einem Sonnenkult, als Abgrenzungen von Stammesterritorien, Markierungen von Grab- oder Kultstätten oder ähnlichem in in Zusammenhang gebracht.
Im Wappen von Los Corrales de Buelna erscheint die Rückseite der „kantabrische Stele von Lombera“ (Primera estela de Lombera
) mit zwei konzentrischen Kreisen, die eine Art Lauburu mit fünf (statt vier) gebogenen Armen umfassen; in der heraldischen Darstellung sind die Arme mit Pfeilspitzenden um einen Kreis im Zentrum herum gestaltet.
Abstrakte Triskele
Erscheint in einem Wappen eine abstrakte Triskelenfigur, kann diese unter Umständen einer Felsbild-, Bild(er)stein- oder Stelenabbildung aus gotischer oder vorheraldischer Zeit und Kultur nachempfunden sein (insbesondere bei Kommunalwappen, die auf eine lokale Besonderheit eines Ortes verweisen).
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Hochspringen nach: 1,0 1,1 Adelung: Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart. Band 1. Leipzig 1793. S. 1017.
- ↑ Hochspringen nach: 2,0 2,1 Herold, Verein für Heraldik (Hrsg.): Wappen. Handbuch der Heraldik. Als „Wappenfibel“ begründet von Adolf Matthias Hildebrandt, zuletzt weitergeführt von Jürgen Arndt, bearbeitet von Ludwig Biewer und Eckart Henning. Aktualisierte und neugestaltete Auflage. 20. Auflage. Böhlau Verlag GmbH & Cie., Köln, Weimar, Wien 2017, ISBN 978-3-412-50372-7, S. 155 (deutsch: Wappenfibel.).
- ↑ Estela de Fonelas Die megalithische Nekropole von Fonelas wurde beschrieben von:
- J. E. Ferrer, I. Marqués, A. Baldomero, M. García Sánchez und S. A. Jiménez Brober: La necrópolis megalítica de Fonelas (Granada). Noticiario Arqueológico Hispánico. 1980. 30: 21-82.
- ↑ Heraldik der autonomen Gemeinschaften und Provinzhauptstädte. In: Instituto Salazar y Castro (Hrsg.): Ediciones Hidalguia. Madrid 1985, S. 22 f. (spanisch: Heráldica de las Comunidades Autónomas y de las Capitales de Provincia.).