Arm (Heraldik)
Der Ausdruck Arm (engl.: arm) bezeichnet in der Heraldik
- eine gemeine Figur
- ein Teil der gewöhnlich gleichartig gestalteten Elemente einer Kreuzfigur, die nicht zum Zentrum der Figur gehören, wo sich die Teile der Figur schneiden.
Darstellung
Natürliches Vorbild der heraldischen Armfigur ist der menschliche Arm mit Hand. Armfiguren erscheinen im Wappenwesen in verschiedenen, grundsätzlich voneinander abzugrenzenden Ausprägungen (zum Beispiel als Rechtarm, Linkarm, Unterarm, Frauenarm, Panzerarm), Lagen (schwebend, ruhend, wachsend bzw. aus einer bestimmten Figur hervorgehend) und mit vielen Besonderheiten (nackt, bekleidet, geharnischt). Die spezifischen Merkmale sollten, insofern sie wesentlich für die Bestimmung eine Armfigur sind, gemeldet werden. Wenn keine besondere Lage und kein besonderes Attribut gemeldet wird, wird ein rechter (nackter) Arm („Rechtarm“) dargestellt, wobei die innere Handfläche der Hand des Arms im Normalfall zum Betrachter gerichtet sein soll; ist die Handfläche vom Betrachter abgewendet, sollte dies angezeigt werden.
- Eine Armfigur erscheint stets mit Ober- und Unterarm sowie mit einer Hand, die zum Beispiel aus einem Ärmelloch oder ähnlichem hervorkommt.
- Wenn die Armdarstellung vor der Beuge aufhört, wird das Motiv nicht als „Arm“, sondern entweder als → „Hand“ oder als → „Unterarm“ beschrieben.
- Wenn ein „leeres“ Kleidungsteil vorliegt, das heißt ein Motiv ohne Arm und Hand, ist die Figur als → „Ärmel“ aufzufassen und sollte entsprechend in der Wappenbeschreibung (Blason) gemeldet werden.
Rechtarm
Die Ausdrücke „Arm“ (ohne weitere Bestimmung), „rechter Arm“ und „Rechtarm/Rechtsarm“ (frz.: dextrochère; engl.: arm, dexter; ital.: destrocherio) sind im Wappenwesen Synonyme für eine gemeine Figur, die in der heraldischen Literatur folgendermaßen bestimmt wird:
Rechtarm | Wenn die Armfigur aus dem linken Schildrand/Feld hervorkommt oder von heraldisch links und angewinkelt bzw. nicht gerade ihren Ausgang nimmt und die Hand heraldisch rechts erscheint (meist als geharnischter Arm):
– Siebmacher/Gritzner (1889)[1]
– Curt Oswalt Edler von Querfurt (1872)[2] |
Linkarm
Die Ausdrücke „linker Arm“ oder „Linkarm/Linksarm“ (frz.: senestrochère; engl.: arm, sinister; ital.: sinistrocherio) sind im Wappenwesen Synonyme für eine gemeine Figur, die in der heraldischen Literatur als Gegenstück zum Rechtarm bestimmt ist. Die heraldischen Empfehlungen für den Rechtarm gelten unter Berücksichtung einer geänderten Lage analog für den Linkarm (siehe oben).
Linkarm |
– Siebmacher/Gritzner (1889)[1]
– Curt Oswalt Edler von Querfurt (1857)[2]
– Gert Oswald: Lexikon der Heraldik (1984)[3] |
Oben: ein geharnischter Linkarm, eine Rose (Maulbeerbaumblume) haltend (Berlin-Friedrichshagen
)
(Valka
)
Verkehrter Arm
„Kehrt ein einzelner Arm im Schilde den Ellenbogen nach oben, so ist er als „verkehrt“ zu melden. Eine derartig gebogene Armschiene führen zum Beispiel die von Ostau und von Tiele-Winkler.“
Wachsender Arm
Die Figur Arm wird als wachsend bezeichnet, wenn ihr oberer Teil (also etwa im Bereich von Schulter oder Oberarm) aus einem anderen Motiv oder Objekt (Heroldsbild, gemeine Figur, Schild-/Feldrand) „hervorzukommen“ scheint. Auch in diesen Fällen ist zu melden, ob eine (offener) Rechtarm oder ein Linkarm im Wappen erscheint.[1]
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Zwei Arme
Im Wappenschild oder darüber, im Oberwappen, erscheint die Figur bevorzugt einzeln oder paarweise; drei- oder noch mehr Arme im Schild oder Feld sind selten oder nicht gebräuchlich.
„Erscheinen zwei Arme gemeinsam einen Gegenstand haltend, zum Beispiel den Ring im Wappen der von Oertzen (Tafel XIV. Figur 21.), so kehren sie naturgemäss die Ellenbogen nach aussen. Halten sie, wie zum Beispiel im Wappen der von Hertlein in Bayern einen Stab gemeinsam abwärts (die Hände nach unten), so heissen sie: „gestürzt“.“
1909: Zwei (nackte) Arme, Ellbogen nach außen (engl.: two arms counter-embowed, nach Fox-Davies)
1909: Zwei verschränkte Arme, Ellbogen nach außen (engl.: two arms counter-embowed and interlaced, nach Fox-Davies)
Unterarm
Grundsätzlich ist die Figur Unterarm (frz.: avant-bras; engl.: forearm oder cubit arm; lat.: antebrachium) einem menschlichen Unterarm mit Hand nachempfunden (also dem Arm zwischen Ellbogen- und Handgelenk, in der Heraldik jedoch stets mit einer Hand). In der Literatur und in der heraldischen Darstellung ist die „Unterarmfigur“ teilweise nicht stringent von einer → „Handfigur“ abgegrenzt.
Arm in der Helmzier
„Erscheint ein Arm auf dem Helme, so ist zu melden, ob er ruht, das heißt der Ellenbogen auf der Helmkrone aufsitzt, oder ob er wächst, das heißt das Schultergelenk aus der Krone hervorgeht. Im ersteren Falle zeigt selbstredend der Winkel des Ellenbogens nach oben und ein in der Faust befindliches Schwert etc. wird, wenn nicht ausdrücklieh als „senkrecht" gemeldet, parallel dem Oberarm gehalten.“
1578: (aus Helmkrone) wachsender geharnischter Schwertarm (Wappen Pomian
)
2009: (auf Helmkrone) ruhender geharnischter Schwertarm (Wappen Bagniewski
)
Frauenarm

Eine besondere Ausprägung der Figur Arm ist der sogenannte Frauenarm beziehungsweise der „weibliche Arm“ (oft mißverständlich nur mit Ärmel, Hängeärmel oder ähnlich bezeichnet).
„Ist ein Arm ohne hervorragende Musculatur mit runden Formen, oder mit Weiberkleidung versehen dargestellt, so ist er als: „weiblicher Arm“ anzusprechen.“
Der Frauenarm ist in der Normalform angewinkelt und gewöhnlich erst durch zusätzliche Merkmale wie eher frauenspezfische Ärmelbekleidung als solcher erkennbar. Beispielsweise weist eine Darstellung mit einem kurzen Blusenoberarm und mit in der Beuge hängender großer Hand-/Buchtasche eher auf einen Frauenarm als auf einen Männerarm hin (wobei die mittelalterliche Ärmelmode teilweise nicht geschlechtsspezifisch ist). Buch-/Beutel-/Handtaschen an einem Frauenarm sind vom Buchbeutel abzugrenzen. Auch bestimmte Gesten - beispielsweise, wenn ein Ring mit Edelstein zwischen zwei Fingern gehalten wird - können ein Indiz dafür sein, dass im Wappen ein Frauen- und kein Männerarm dargestellt wird. Fliegende, schmückende Schleifen verweisen ebenfalls eher auf einen Frauen- als auf einen Männerarm. Die nackte Haut des Frauenarms wird in der Regel in Fleischfarbe (Naturfarbe) dargestellt; andere heraldische Tinkturen sollten gemeldet werden.
Frauenarm mit Buchtasche bzw. mit beutelartigen Hängeärmel (Weinrebe haltend; Gemeinde Lösnich
)
Frauenunterarm mit Beutelärmel
Aus linken Schildrand hervorkommend Frauenunterarm mit Beutelärmel (schwarz mit goldenen Verzierungen, goldenen Fingerring mit blauem Stein haltend; Beyer von Boppard
)



Die Ärmelbekleidung eines Frauenarms kann innerhalb der Wappen- und Derivatgeschichte uneinheitlich sein. Beispielsweise zeigt ein Wappenaufriss des Wappens de Villiers nach der Armorial Le Breton einen aus dem linken Schildrand hervorkommenden hermelinbekleideten rechten Frauenarm mit vom Handgelenk herabfallenden beutelförmigen Hermelin-Hängeärmel, einen Ring haltend; in einem neueren Wappenaufriss der französischen Gemeinde Villiers-Adam
erscheint der Frauenarm dagegen schwebend, silbernbekleidet, ohne Ring und mit einem manipelartigen
Hermelin-Ärmelkleinod.
- Wappen Villiers
ca. 1292 bis ca. 1530: Frauenarm mit vom Handgelenk herabfallenden beutelförmigen Hängeärmel (nach Armorial Le Breton)
2007: Frauenarm mit manipelartigen
Hermelin-Ärmelkleinod (Wappen Villiers-Adam
)
Die Figur Frauenarm (mit Hand) ist von der Figur Ärmel (ohne Hand) abzugrenzen.
ca. 1292 bis ca. 1530: Kein Frauenarm, sondern ein aus dem linken Schildrand kommender Hänge-/Beutelärmel (nach Armorial Le Breton)
Panzerarm
Auch eine geharnischter Armfigur kann in einem Wappen erscheinen. In Analogie zum Panzerbein wird diese in der Heraldik als „Panzerarm“ bezeichnet. Hier können ein Schwert, eine Lanze, eine gestielte Blume (Rose, Lilie) oder sonstige Gegenstände zum Halten in die Hand gegeben werden.
Verbreitung
Beispiele finden sich in den Wappen von Stargard und Neustrelitz. Im Letztern könnte die Wappenbeschreibung so lauten:
„Im rechten roten Feld ein wachsender silberner Arm mit Ärmel am Spalt, eine fliegende Schleife am Saum, in der Hand ein goldener diamantenbesetzter Ring ...“
Weiteres Beispiel ist das Wappen vom Bistum Graz-Seckau[3]. Gehäuft tritt diese Wappenfigur in der englischen Heraldik und auch auf rheinischen und lothringischen Wappen auf. [3]
1605: Wappen des Bistums (Graz-)Seckau
, nach Siebmacher
Wappenbilderordnung
- Die Figur Arm, rechter wurde in die Wappenbilderordnung (WBO) des Herold (Verein) im Abschnitt Teile lebender Organismen, Abnormitäten, Verstümmelungen: D. Hauptteile und Seitenteile: 3. Menschen unter der Nr. (7011)-750 aufgenommen.
- Die Figur Arm, linker wurde in die Wappenbilderordnung (WBO) des Herold (Verein) im Abschnitt Teile lebender Organismen, Abnormitäten, Verstümmelungen: D. Hauptteile und Seitenteile: 3. Menschen unter der Nr. (7011)-751 aufgenommen.
- Die Figur Unterarm wurde in die Wappenbilderordnung (WBO) des Herold (Verein) im Abschnitt Teile lebender Organismen, Abnormitäten, Verstümmelungen: D. Hauptteile und Seitenteile: 3. Menschen unter der Nr. (7011)-752 aufgenommen.
Literatur
- ↑ 1,00 1,01 1,02 1,03 1,04 1,05 1,06 1,07 1,08 1,09 1,10 J. Siebmacher's grosses und allgemeines Wappenbuch, Einleitungsband, Abteilung B: Grundsätze der Wappenkunst verbunden mit einem Handbuch der heraldischen Terminologie ( M. Gritzner). Nürnberg: Bauer & Raspe, 1889.
- ↑ 2,0 2,1 Querfurt, Curt Oswalt Edler von: Kritisches Wörterbuch der heraldischen Terminologie. Nördlingen: Beck. 1872. Neudruck: Wiesbaden: M. Sändig. 1969. Seite 83, 113.
- ↑ 3,0 3,1 3,2 Gert Oswald: Lexikon der Heraldik. Bibliographisches Institut, Mannheim, Wien, Zürich 1984, ISBN 3-411-02149-7, S. 257 (Digitalisat [abgerufen am 29. Februar 2020]).
Weblinks
Bernhard Peter: Besondere Motive: Der Frauenarm mit Hängeärmel