Arm (Heraldik)

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In Rot ein silberner Arm, einen goldenen Streitkolben haltend (von Reicheneck)

Der Ausdruck Arm (engl.: arm) bezeichnet in der Heraldik

  • eine gemeine Figur
  • ein Teil der gewöhnlich gleichartig gestalteten Elemente einer Kreuzfigur, die nicht zum Zentrum der Figur gehören, wo sich die Teile der Figur schneiden.

Darstellung

Natürliches Vorbild der heraldischen Armfigur ist der menschliche ArmW-Logo.png mit Hand. Armfiguren erscheinen im Wappenwesen in verschiedenen, grundsätzlich voneinander abzugrenzenden Ausprägungen (zum Beispiel als Rechtarm, Linkarm, Unterarm, Frauenarm, Panzerarm), Lagen (schwebend, ruhend, wachsend bzw. aus einer bestimmten Figur hervorgehend) und mit vielen Besonderheiten (nackt, bekleidet, geharnischt). Die spezifischen Merkmale sollten, insofern sie wesentlich für die Bestimmung eine Armfigur sind, gemeldet werden. Wenn keine besondere Lage und kein besonderes Attribut gemeldet wird, wird ein rechter (nackter) Arm („Rechtarm“) dargestellt, wobei die innere Handfläche der Hand des Arms im Normalfall zum Betrachter gerichtet sein soll; ist die Handfläche vom Betrachter abgewendet, sollte dies angezeigt werden.

Siebmacher Bekleideter Arm schwebend.jpg
Armfigur
(1889; bekleideter Arm, keine Ärmelfigur; nach Siebmacher)
Gempen-blason.png
→ Handfigur
(zum Schwur erhobene Hand in einem Ärmel, aus unterem Schildrand wachsend)
Complete Guide to Heraldry Fig539 col.png
→ Ärmelfigur
(1909; Ärmel, ohne Arm und Hand; nach Fox-Davies)


  • Eine Armfigur erscheint stets mit Ober- und Unterarm sowie mit einer Hand, die zum Beispiel aus einem Ärmelloch oder ähnlichem hervorkommt.
  • Wenn die Armdarstellung vor der Beuge aufhört, wird das Motiv nicht als „Arm“, sondern entweder als → „Hand“ oder als → „Unterarm“ beschrieben.
  • Wenn ein „leeres“ Kleidungsteil vorliegt, das heißt ein Motiv ohne Arm und Hand, ist die Figur als → „Ärmel“ aufzufassen und sollte entsprechend in der Wappenbeschreibung (Blason) gemeldet werden.

Rechtarm

Die Ausdrücke „Arm“ (ohne weitere Bestimmung), „rechter Arm“ und „Rechtarm/Rechtsarm“ (frz.: dextrochère; engl.: arm, dexter; ital.: destrocherio) sind im Wappenwesen Synonyme für eine gemeine Figur, die in der heraldischen Literatur folgendermaßen bestimmt wird:

Rechtarm Wenn die Armfigur aus dem linken Schildrand/Feld hervorkommt oder von heraldisch links und angewinkelt bzw. nicht gerade ihren Ausgang nimmt und die Hand heraldisch rechts erscheint (meist als geharnischter Arm):

(Recht)Arm (Tafel XIV. Figur 19. 20. 27.): Der im Wappen vorkommende (Recht)Arm ist, wenn nicht anders gemeldet, stehts ein Mannsarm, im Ellenbogen meist rechtwinklig gebogen und die nach rechts gekehre Hand nackt und fleischfarbig (..). Trägt die Hand einen Handschuh, Stulphandschuh oder Panzerhandschuh, so ist dies zu melden, und vom Arm, ob er nackt (Figur 27.), bekleidet (Figur 20. 26.) oder geharnischt (Figur 19.), ledig oder bewaffnet ist, oder etwas (und was) hält. Ebenso ist zu melden ob der Arm im Schilde freischwebt, oder aus einem der Oberecke, Unterecke, Seitenränder oder aus einer Wolke hervorgeht, oder wächst. Meistenteils halten Arme im Wappen Schwerter, Dolche oder Morgensterne in der Faust, oder Ringe, Sterne, Siegelringe etc. zwischen Daumen und Zeigefinger, respektive den anderen drei Fingern aufrecht (..)“

Siebmacher/Gritzner (1889)[1]

Rechtarm: nennt man einen aus dem linken Schildrande hervorgehenden oder doch im Schilde oder auf dem Helme von links her nach rechts gewendeten Arm.“

Curt Oswalt Edler von Querfurt (1872)[2]
 
Oben: Ein schwebender, silbern-gekleideter Arm
 
Oben: Aus dem linken Obereck hervorkommender silbern gekleideter Arm
(Bondorfer bzw. Bondorfer von Weitingen)

Linkarm

Die Ausdrücke „linker Arm“ oder „Linkarm/Linksarm“ (frz.: senestrochère; engl.: arm, sinister; ital.: sinistrocherio) sind im Wappenwesen Synonyme für eine gemeine Figur, die in der heraldischen Literatur als Gegenstück zum Rechtarm bestimmt ist. Die heraldischen Empfehlungen für den Rechtarm gelten unter Berücksichtung einer geänderten Lage analog für den Linkarm (siehe oben).

Linkarm

„(..) wenn die Hand links zeigt, ist es ein Linkarm)“

Siebmacher/Gritzner (1889)[1]

Linkarm: ist ein entweder aus dem rechten Seitenrande des Schildes oder Feldes herausausragender, oder doch wenigstens von rechts her nach links gekehrter, gewöhnlich gebogener (nicht gerade ausgestreckter) Arm, auch als Kleinod auf dem Helme öfters vorkommend und erscheint mitunter geharnischt, auch irgend einen Gegenstand (ein Schwert, eine Blume etc.) in der Hand haltend.“

Curt Oswalt Edler von Querfurt (1857)[2]

„(..) ein aus dem rechten Seitenrand des Schildes oder Feldes hervorragender, gewöhnlich gebogener (nicht ausgestreckter), meist geharnischter Arm.“

Gert Oswald: Lexikon der Heraldik (1984)[3]
(Aus dem rech­ten Seiten­rand hervo­kommend, be­klei­de­ter Link­arm, eine Ähre hal­tend; Fa­milien­wappen Mancia)

Verkehrter Arm

„Kehrt ein einzelner Arm im Schilde den Ellenbogen nach oben, so ist er als „verkehrt“ zu melden. Eine derartig gebogene Armschiene führen zum Beispiel die von Ostau und von Tiele-Winkler.“

Siebmacher/Gritzner (1889)[1]

Wachsender Arm

1911: Arm mit Sichel, aus dem unteren Schildrand wachsend (Exlibris Walter Schneider)

Die Figur Arm wird als wachsend bezeichnet, wenn ihr oberer Teil (also etwa im Bereich von Schulter oder Oberarm) aus einem anderen Motiv oder Objekt (Heroldsbild, gemeine Figur, Schild-/Feldrand) „hervorzukommen“ scheint. Auch in diesen Fällen ist zu melden, ob eine (offener) Rechtarm oder ein Linkarm im Wappen erscheint.[1]

  • „Der wachsende [offene] Rechtarm (Tafel XIV. Figur 28.) kehrt den Ellenbogen rechts, die Faust links und hält das Schwert etc. mit der Spitze schrägrechts abwärts (der Daumen ist ganz, von den übrigen 4 Fingern meist nur die beiden oberen Gelenke sichtbar).“[1]

    1889: Offener Rechtarm hauend, aus Dreiberg wachsend (nach Siebmacher)
Siebmacher Rechtarm offener hauend aus Dreiberg wachsend.jpg
  • „Der wachsende verkehrte Rechtarm (Tafel XIV. Figur 30.) kehrt den Ellenbogen rechts, die Faust links, lässt aber von letzterer nur die Knöchel sehen (das Handgelenk ist herumgedreht, der Handrücken also sichtbar) und hält das Schwert etc. mit der Spitze schräglinks aufwärts.“[1]

    1889: Verkehrter Recht­arm schwert­schwin­gend, aus Hügel wachsend (nach Siebmacher)
Siebmacher Rechtarm verkehrt schwertschwingend wachsend.jpg
  • „Der wachsende Linkarm (Tafel XIV. 29.) kehrt den Ellenbogen links, die Faust rechts und hält das Schwert etc. mit der Spitze schräglinks abwärts.“[1]

    1889: Linkarm hauend, aus Dreiberg wachsend (nach Siebmacher)
Siebmacher Linkhand hauend aus Dreiberg wachsend.jpg
  • „Der wachsende verkehrte Linkarm (Tafel XIV. Figur 31.) kehrt den Ellenbogen links, die Faust rechts, hat letztere gleichfalls herumgedreht und kehrt die Schwertspitze nach rechts oben. (Hier ist ebenfalls der Handrücken sichtbar).“[1]

    1889: Verkehrter Link­arm schwert­schwin­gend, aus Dreiberg wachsend (nach Siebmacher)
Siebmacher Linkarm verkehrt schwertschwingend wachsend.jpg

Zwei Arme

alternative Beschreibung
Im Oberwappen: Zwei abgewinkelte Arme, eine Sonne haltend (Familienwappen Freudl)
1904: Zwei geharnischte Arme (Wappen derer von OertzenW-Logo.png)

Im Wappenschild oder darüber, im Oberwappen, erscheint die Figur bevorzugt einzeln oder paarweise; drei- oder noch mehr Arme im Schild oder Feld sind selten oder nicht gebräuchlich.

„Erscheinen zwei Arme gemeinsam einen Gegenstand haltend, zum Beispiel den Ring im Wappen der von Oertzen (Tafel XIV. Figur 21.), so kehren sie naturgemäss die Ellenbogen nach aussen. Halten sie, wie zum Beispiel im Wappen der von Hertlein in Bayern einen Stab gemeinsam abwärts (die Hände nach unten), so heissen sie: „gestürzt“.“

Siebmacher/Gritzner (1889)[1]

Unterarm

Grundsätzlich ist die Figur Unterarm (frz.: avant-bras; engl.: forearm oder cubit arm; lat.: antebrachium) einem menschlichen UnterarmW-Logo.png mit Hand nachempfunden (also dem Arm zwischen Ellbogen- und Handgelenk, in der Heraldik jedoch stets mit einer Hand). In der Literatur und in der heraldischen Darstellung ist die „Unterarmfigur“ teilweise nicht stringent von einer → „Handfigur“ abgegrenzt.

Arm in der Helmzier

Im Schild und im Oberwappen: Arm aus Krone wachsend
(Wappen Anton Golling)

„Erscheint ein Arm auf dem Helme, so ist zu melden, ob er ruht, das heißt der Ellenbogen auf der Helmkrone aufsitzt, oder ob er wächst, das heißt das Schultergelenk aus der Krone hervorgeht. Im ersteren Falle zeigt selbstredend der Winkel des Ellenbogens nach oben und ein in der Faust befindliches Schwert etc. wird, wenn nicht ausdrücklieh als „senkrecht" gemeldet, parallel dem Oberarm gehalten.“

Siebmacher/Gritzner (1889)[1]

Frauenarm

1447: Frauenarm mit Beutelärmel, einen Ring haltend (aus Courtoisie gewendet und als Linkarm dargestellt; Ritter von LösnichW-Logo.png)
zwischen 1200 und 1300: Siegel mit Frau, die mit der Rechten einen Schild hält, der einen Frauenarm mit Beutelärmel zeigt.

Eine besondere Ausprägung der Figur Arm ist der sogenannte Frauenarm beziehungsweise der „weibliche Arm“ (oft mißverständlich nur mit Ärmel, Hängeärmel oder ähnlich bezeichnet).

„Ist ein Arm ohne hervorragende Musculatur mit runden Formen, oder mit Weiberkleidung versehen dargestellt, so ist er als: „weiblicher Arm“ anzusprechen.“

Siebmacher/Gritzner (1889)[1]

Der Frauenarm ist in der Normalform angewinkelt und gewöhnlich erst durch zusätzliche Merkmale wie eher frauenspezfische Ärmelbekleidung als solcher erkennbar. Beispielsweise weist eine Darstellung mit einem kurzen Blusenoberarm und mit in der Beuge hängender großer Hand-/Buchtasche eher auf einen Frauenarm als auf einen Männerarm hin (wobei die mittelalterliche Ärmelmode teilweise nicht geschlechtsspezifisch ist). Buch-/Beutel-/Handtaschen an einem Frauenarm sind vom Buchbeutel abzugrenzen. Auch bestimmte Gesten - beispielsweise, wenn ein Ring mit Edelstein zwischen zwei Fingern gehalten wird - können ein Indiz dafür sein, dass im Wappen ein Frauen- und kein Männerarm dargestellt wird. Fliegende, schmückende Schleifen verweisen ebenfalls eher auf einen Frauen- als auf einen Männerarm. Die nackte Haut des Frauenarms wird in der Regel in Fleischfarbe (Naturfarbe) dargestellt; andere heraldische Tinkturen sollten gemeldet werden.

15. Jhr.: Jean de Villiers de L’Isle-AdamW-Logo.png, sämtliche Kleidungs-/Ausrüstungsstücke geschmückt mit Frauenarmmotiv aus dem Wappen de VilliersW-Logo.png

Die Ärmelbekleidung eines Frauenarms kann innerhalb der Wappen- und Derivatgeschichte uneinheitlich sein. Beispielsweise zeigt ein Wappenaufriss des Wappens de VilliersW-Logo.png nach der Armorial Le Breton einen aus dem linken Schildrand hervorkommenden hermelinbekleideten rechten Frauenarm mit vom Handgelenk herabfallenden beutelförmigen Hermelin-Hängeärmel, einen Ring haltend; in einem neueren Wappenaufriss der französischen Gemeinde Villiers-AdamW-Logo.png erscheint der Frauenarm dagegen schwebend, silbernbekleidet, ohne Ring und mit einem manipelartigenW-Logo.png Hermelin-Ärmelkleinod.

Die Figur Frauenarm (mit Hand) ist von der Figur Ärmel (ohne Hand) abzugrenzen.

HW Gtk-go-forward-ltr.png Hauptartikel: Beutelärmel

Panzerarm

Panzerarm mit Kolben
HW Gtk-go-forward-ltr.png Hauptartikel: Panzerarm

Auch eine geharnischter Armfigur kann in einem Wappen erscheinen. In Analogie zum Panzerbein wird diese in der Heraldik als „Panzerarm“ bezeichnet. Hier können ein Schwert, eine Lanze, eine gestielte Blume (Rose, Lilie) oder sonstige Gegenstände zum Halten in die Hand gegeben werden.

Verbreitung

Neustrelitz

Beispiele finden sich in den Wappen von Stargard und Neustrelitz. Im Letztern könnte die Wappenbeschreibung so lauten:

„Im rechten roten Feld ein wachsender silberner Arm mit Ärmel am Spalt, eine fliegende Schleife am Saum, in der Hand ein goldener diamantenbesetzter Ring ...

Weiteres Beispiel ist das Wappen vom Bistum Graz-Seckau[3]. Gehäuft tritt diese Wappenfigur in der englischen Heraldik und auch auf rheinischen und lothringischen Wappen auf. [3]

Wappenbilderordnung

  • Die Figur Arm, rechter wurde in die Wappenbilderordnung (WBO) des Herold (Verein) im Abschnitt Teile lebender Organismen, Abnormitäten, Verstümmelungen: D. Hauptteile und Seitenteile: 3. Menschen unter der Nr. (7011)-750 aufgenommen.
  • Die Figur Arm, linker wurde in die Wappenbilderordnung (WBO) des Herold (Verein) im Abschnitt Teile lebender Organismen, Abnormitäten, Verstümmelungen: D. Hauptteile und Seitenteile: 3. Menschen unter der Nr. (7011)-751 aufgenommen.
  • Die Figur Unterarm wurde in die Wappenbilderordnung (WBO) des Herold (Verein) im Abschnitt Teile lebender Organismen, Abnormitäten, Verstümmelungen: D. Hauptteile und Seitenteile: 3. Menschen unter der Nr. (7011)-752 aufgenommen.

Literatur

  1. 1,00 1,01 1,02 1,03 1,04 1,05 1,06 1,07 1,08 1,09 1,10 J. Siebmacher's grosses und allgemeines Wappenbuch, Einleitungsband, Abteilung B: Grundsätze der Wappenkunst verbunden mit einem Handbuch der heraldischen Terminologie ( M. Gritzner). Nürnberg: Bauer & Raspe, 1889.
  2. 2,0 2,1 Querfurt, Curt Oswalt Edler von: Kritisches Wörterbuch der heraldischen Terminologie. Nördlingen: Beck. 1872. Neudruck: Wiesbaden: M. Sändig. 1969. Seite 83, 113.
  3. 3,0 3,1 3,2 Gert Oswald: Lexikon der Heraldik. Bibliographisches Institut, Mannheim, Wien, Zürich 1984, ISBN 3-411-02149-7, S. 257 (Digitalisat [abgerufen am 29. Februar 2020]).

Weblinks

Show-handle-HW.png Bernhard Peter: Besondere Motive: Der Frauenarm mit Hängeärmel

Commons: Arme in der Heraldik – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Commons: Frauenarme in der Heraldik – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Commons: Menschliche Arme im Oberwappen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien