Jan Baptist Zangrius

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Jan Baptist Zangrius (auch Jan/Iehan/Jehan Baptist[a] Sanger/Zangre/Zangré oder ähnlich geschrieben;* 1562[1]; † 1606 in Leuven) war ein flämischer Graveur, Verleger, Typograf, Buchhändler und Heraldiker.

Leben

Zangrius war zwischen 1595 und 1606 in Leuven aktiv und wahrscheinlich ein Verwandter des Verlegers und Schriftstellers Petrus ZangriusW-Logo.png (1559-1623) und von Philippus ZangriusW-Logo.png (Leuven, 1585-1610).

Zangrius fertigte Porträts der Infantin Isabella Clara Eugenia von SpanienW-Logo.png, ihres Ehemanns Erzherzog Albrecht VII. von HabsburgW-Logo.png, Gouverneur der Niederländer und von Justus LipsiusW-Logo.png an. Diese Gravuren waren Teil seines Werks Album Amicorum, welches je nach Quelle und Autor anders datiert wird (gewöhnlich auf 1599[2], 1600, 1602 oder aber auf 1605). Das Album enthält ca. 67 Gravuren, darunter welche mit Wappenkartuschen, neun kleine und elf größere Wappengravuren sowie 46 weibliche Kostümengravuren. Die kleinen Wappenschilde sind leer und womöglich als Muster oder vorgefertigte Wappenschablone gedacht, damit die Eintragenden dort ihre Wappen einzeichnen konnten (siehe: → Stammbuch/FreundschaftsalbumW-Logo.png). Die Frauenkostüme wurden vermutlich nach den Arbeiten des Kupferstechers Julius GoltziusW-Logo.png graviert (gemäß Jean-Jacques Boissards KostümbuchW-Logo.png Habitus variarum orbis gentium von 1581 mit Kupferstichen von Julius Goltzius)[3].

Heraldik

Wappenpavillon

1605: Wappenpavillon

In Album Amicorum erscheint, möglicherweise inspiriert durch die Arbeiten von Jean-Jacques BoissardW-Logo.png (1528–1602), eines der frühesten Beispiele für einen heraldischen Pavillon (→ „Wappenmantel“).

Heraldisches Schraffursystem

1600: Schraffuroval: Es demonstriert, welche Schraffur welcher Tinktur zugeordnet ist (nach Zangrius)
Wappenkarte von Zangrius
(Scan des Originals, das vermutlich im Bestand eines Achivs in Helmond ist.)
Vergleichende Tabelle der Schraffursysteme, die im 17. Jahrhundert veröffentlicht wurden.

Vor Einführung eines heraldischen Schraffursystems war die Kenntlichmachung von Farben bei monochromen Darstellungen von Wappen, die mittels Holzschnitt, Kupferstich oder ähnlichen Verfahren abgezogen wurden, verschiedenartig:

„(..) Anfangs versah man die Wappen mit Worten, die die entsprechende Farbe bezeichneten, z. B. in dem 1576 erschienen Wappenbuch von Martin Schrot, Christian Urstis (..) bediente sich aber bereits 1580 (..) nur der Anfangsbuchstaben der lateinischen Benennungen (..) 1654 (..) bediente sich der englische Ritter Heinrich Speelmann (..) der Planetenzeichen für Farbangaben (..)“

Gert Oswald: Lexikon der Heraldik (1984)[4]

Ein frühes heraldisches Schraffursystem befindet sich auf einer Brabant-Wappenkarte[5], die von Arnold van Rincvelt veröffentlicht wurde und unter der Bezeichnung „Wappenkarte von Zangrius“ bekannt ist. Sie befand sich mindestens zeitweise im Bestand eines Archivs in Helmond. Zangrius erläutert auf der Karte in einer Legende in Form eines Schraffurovals, welche schwarz-weiße Schraffur mittels Strichen und Punkten eine entsprechende bunte heraldischen Farbe kenntlichmacht. In das Schraffuroval schrieb er sowohl heraldische als auch französische Standardanmerkungen der sechs grundsätzlichen heraldischen Tinkturen ein und unterscheidet zwischen: 1. „Or“ (dt.: Gold); 2. „Argent“ (dt.: Silber); 3. „Geulle/Rouge“ (gueules/gules, dt.: Rot); 4. „Azur/Bleu“ (dt.: Blau); 5. „Sinople/Verd“ (vert, dt.: Grün); 6. „Sable/Noir“ (dt.: Schwarz). Einige Autoren wie Galbreath/Jéquier und F. J. van Ettro stellten die Karte einem größeren Publikum vor und wiesen darauf hin, dass die Schraffuren des Zangrius mit der heutigen, weiltweit gebräuchlichen heraldischen Schraffurmethode identisch ist (bis auf Schwarz, wo ein Muster mit Senkrechten und Schrägstrichen anstelle von Senkrechten und Querstrichen zum Einsatz kommt). Nach diesen Autoren kann er daher als Erfinder des heraldischen Schraffursystems gelten:

„(..) bis zur Erfindung der Schraffuren, deren heute übliche Gestaltung sich schon im Jahre 1600 auf einer von Zangrius gestochen scharfen Wappenkarte von Brabant findet, und dann mehr oder weniger seit ihrer Anwendung in den Tesserae Gentilitiae des Pietra Santa (1638) allgemein üblich geworden ist.“

D. L. Galbreath; Léon Jéquier: 1942/1990[6]

„(..) Besonders bemerkenswert ist, daß die Metalle Gold und Silber und die Farben Rot, Blau, Grün und Schwarz nach demselben System der Schraffur durch Punkten und Streifen wie heute in der modernen Wappenkunde gemacht werden (..)“

F. J. van Ettro (1964; -- freie Übersetzung durch die Red.)[7]

„(..) Den ältesten Fall heraldischer Schraffierung finden wir auf einer Karte von Brabant, die vor 1600 vom Graveur Zangrius de Zangré angefertigt worden was (..)“

Milan Buben (1986/1987)[8]

Im 17. Jahrhundert wurden weitere heraldische Schraffurmethoden zur Kenntlichmachung von Farben in Wappen veröffentlicht, die sich nur wenig von Zangrius Schraffursystem unterscheiden. Es ist nicht endgültig und wissenschadftlich zweifelsfrei belegt, ob diese durch die Wappenkarte von Zangrius inspiriert wurden oder sich unabhängig davon entwickelten. Nach historischen Quellen kommen unter anderem Jacob FranquartW-Logo en.png (1623), Christophe ButkensW-Logo.png (1626), Silvester Petra Sancta (1634/1638/1639), Marcus Vulson de la ColombièreW-Logo en.png (1639), Juan Caramuel y LobkowitzW-Logo en.png (1636/1639-1642), Thomas de RouckW-Logo en.png (1645) oder Aegidius GeleniusW-Logo en.png (1645) als „erste“ Erfinder des heraldischen Schraffursystems in Frage; aktuelle Autoren (Stand 2017) sehen in diesen eher Nachahmer von Zangrius an.

Historischer Hintergrund der Wappenkarte von Zangrius

1621: Beispiel für Schraffursystem
(nach Jacob Franquart, 1623: Beerdigungsprozession von Albrecht VII.)

Die Entstehung der Wappenkarte von Zangrius steht im historischem Zusammenhang mit der Entscheidung des spanischen Königs Philipp II., seinen Neffen Albrecht VII. von HabsburgW-Logo.png 1595 zum Generalgouverneur der spanischen Niederlande zu machen (seit 6. März 1598 souveräner Fürst der Niederlande, Herzog von Burgund); dieser heiratete am 18. April 1599 die Infantin Isabella Clara EugeniaW-Logo.png, die 32-jährige Tochter Philipps, die ihm die südlichen Niederlande als Brautschatz zubrachte, wodurch die Niederlande die Unabhängigkeit von Spanien erhielt. Am 5. September 1599 marschierten die beiden in Brüssel, dem Zentrum der südlichen Niederlande, ein und ließen sich dort nieder. Albrechts Proklamation der Souveränität wurde durch zahlreiche Wappenkarten veranschaulicht, die von mehreren Städten und Adligen der Niederländer veröffentlicht wurden. Zu diesen Illustrationen zählt auch die Wappenkarte von Zangrius. Als Albrecht VII. von Habsburg 1621 ohne Erben starb, kehrten die Niederlande vertragsgemäß zur spanischen Krone zurück. Albrechts Beerdigungsprozession wurde 1623 von Jacob Franquart in einer Gravur mit einem anderen Schraffursystem festgehalten, das der Schraffurmethode von Zangrius ähnelt.

Werk

  • Jan Baptist Zangrius: Albvm Amicorvm Habitibvs Mvliervm Omniv[m] Natoinv[m] Evropae, tvm Tabvlis as Scvtis Vacvis in aes Incisis Adonatvm, Vt quisque et sÿmbola et insignia sua gentilitia in ÿs depingi commode curare possit. Lovanii Apud Ioannem Baptistam Zangrium. 1605 (französisch, Bibliothèque nationale de France [abgerufen am 30. Juli 2017]).

Gallery

Literatur

  • Hans Heinrich FüssliW-Logo.png: Allgemeines Künstlerlexicon, oder: Kurze Nachricht von dem Leben und den Werken der Mahler, Bildhauer, Baumeister, Kupferstecher, Kunstgiesser, Stahlschneider [et]c. [et]c. : Nebst angehängten Verzeichnissen der Lehrmeister und Schüler; auch der Bildnisse, der in diesem Lexicon enthaltenen Künstler. Fortsetzung/Ergänzung des von seinem Vater Rudolf Füssli erarbeiteten Künstlerlexikon. Zweyter Theil, welcher die Fortsetzung und Ergänzung des ersten enthält. Zwölfter Abschnitt: X. Y. Z. Orell, Füeßli und Compagnie, Zürich 1821 (Digilisat, Bayerische Staatsbibliothek).
  • Hollstein, F. W. H.: Dutch & Flemish etchings, engravings and woodcuts 1450-1700, vol. 1-, Amsterdam 1949-87; Roosendaal 1988-93; Rotterdam 1995-
  • Icones Leidenses. De Portretverzameling van de Rijksuniversiteit te Leiden, Leiden 1973
  • Immerzeel Jr., J.: De levens en werken der Hollandsche en Vlaamsche kunstschilders, beeldhouwers, graveurs en bouwmeesters van het begin der vijftiende eeuw tot heden, 3 vols., Amsterdam 1842-43
  • Kamm, C.: De levens en werken der Hollandsche en Vlaamsche kunstschilders, beeldhouwers, graveurs en bouwmeesters, 6 vols. and suppl., Amsterdam 1857-64
  • Linnig, B.: La gravure en Belgique, Anvers 1911
  • Georg Kaspar NaglerW-Logo.png: Neues allgemeines Künstler-Lexicon; oder Nachrichten von dem Leben und den Werken der Maler, Bildhauer, Baumeister, Kupferstecher etc. Witsen - Zyx. Band 22. E. A. Fleischmann, München 1852, S. 218 (Digitalisat).
  • Rouzet, A.: Dictionnaire des imprimeurs, Libraires et éditeurs des XVe et XVIe siècles dans les limites geographiques de la Belgique actuelle, Nieuwkoop 1975
  • Simoni, A. E. C.: Catalogue of Books from the Low Countries 1601-1621 in the British Library, London 1990
  • Someren, J. F. van: Beschrijvende catalogus van gegraveerde portretten van Nederlanders, 3 vols., Amsterdam 1888-91
  • Singer, H. W.: Allgemeiner Bildniskatalog. 14 vols., Leipzig 1930-36
  • Thieme, U. and Becker, F.: Allgemeines Lexikon der bildenen Künstler, 37 vols., Leipzig 1907-50
  • Wurzbach, A. von: Niederländsisches Künstler-Lexikon, 3 vols., Wien and Leipzig 1906-11

Einzelnachweise

  1. Chris Coppens: Leuven University Library: 1425-2000. Varia Lovaniensia. Hrsg.: Chris Coppens, Mark Derez, Jan Roegiers. Leuven University Press, 2005, ISBN 90-5867-467-3, S. 38.
  2. Werner Wilhelm Schnabel: Das Stammbuch: Konstitution und Geschichte einer textsortenbezogenen Sammelform bis ins erste Drittel des 18. Jahrhunderts. In: Frühe Neuzeit (= Jörg Jochen Berns, Klaus Garber, Wilhelm Kühlmann, Jan-Dirk Müller, Friedrich Vollhardt [Hrsg.]: Studien und Dokumente zur deutschen Literatur und Kultur im europäischen Kontext. Band 78). Max Niemeyer Verlag, Tübingen 2003, ISBN 3-484-36578-1, S. 632.
  3. Jean Jacques Boissard, Caspar Rutz, Abraham de Bruyn, Julius Goltzius: Habitus variarum orbis gentium = Habitz de nations estrãges = Trachten mancherley Völcker des Erdskreysz. Mecheln 1581 (deutsch, Latein, französisch, archive.org, babel.hathitrust.org, u. a. [abgerufen am 30. Juli 2017]).
  4. Gert Oswald: Lexikon der Heraldik. Bibliographisches Institut, Mannheim, Wien, Zürich 1984, ISBN 3-411-02149-7, S. 353 f. (Digitalisat [abgerufen am 29. Februar 2020]).
  5. Jean Baptiste Zangre: Repräsentation de l'Ancienne et Souveraine Duche de Brabant, ses Villes, Dignitez et Dependences, Comme Lothier, Limborghe und Pays de Outre Maas. Löwen. 1600. Maße: 49 x 56,3 cm.
  6. Donald Lindsay Galbreath, Léon Jéquier: Handbuch der Heraldik. Battenberg Verlag, Weltbild Verlag, Augsburg 1990, ISBN 3-89441-259-3, S. 92 (französisch: Manuel du Blason. Lausanne, Lyon 1942. Übersetzt von Ottfried Neubecker).
  7. F. J. van Ettro: The Heraldic Chart of Brabant by Zangrius for the year 1600. In: De Nederlandsche Leeuw. Band 81, 1964, S. 211–217.
  8. Milan Buben: Heraldik. Verlag Albatros, Prag 1987, S. 18–19 (tschechisch: Heraldika. Praha 1986. Übersetzt von Walter Beck, Illustrationen: Julie Bubnová; grafische Gestaltung: Jirí BlažekBehan ZW.jpg).

Weblinks

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